Jaah, das Schaf hatte Glück. Es war nicht alleine und hatte noch seine Herde. Es würde bestimmt nicht lange dauern, bis Tüpfel Gavotte vergessen hatte oder ihr aus anderen Gründen nicht hinterhertrauerte - wenn sie das überhaupt täte. Er kannte sich mit der Gefühlswelt von Tieren nicht aus, schon gar nicht bei Schafen. Gavotte war es gewohnt, entweder unterwegs zu sein oder bei anderen Pferden zu stehen. Brianna hatte immer gesagt, Pferde brauchten andere Pferde, um Pferd sein zu können. Und sie musste es ja wissen. Also schätzte er, dass sie es schon verkraften würde, wenn sie ein Schaf nicht mehr wiedersah und stattdessen bald wieder in ihrer kleinen Gruppe auf der Wiese stand.
Aber was wusste er schon. Er dachte darüber eigentlich auch nur nach, um über irgendetwas Harm- und Belangloses nachdenken zu können.
Nora kam nicht auf die Idee, ihn aufzuhalten oder über noch irgendetwas anderes sprechen zu wollen. Was Arrow einerseits vielleicht erwartet oder gehofft hatte, aber gleichzeitig erleichtert war, dass sie es nicht tat. Ihre Anwesenheit war nicht sehr hilfreich dabei, sich wieder ganz zu beruhigen, als würde von ihr eine Spannung ausgehen und bis zu ihm hin reichen und dafür sorgen, dass er sich selbst nicht entspannen konnte. Und diesmal war diese diffuse kribbelige Empfindung da in seiner Brust, ohne dass er vorher irgendwelche Magie benutzt hatte. Oder kam es vielleicht doch noch von eben? Konnte ja sein. Wäre ganz gut. Wäre eine bessere Erklärung.
Er wusste es besser, es war nur problematisch. Die Sache hatte sich geklärt, und das beruhigte und erleichterte ihn auch. Aber gleichzeitig hätte sich das alles sicher nicht so hochgeschaukelt, wenn er einfach die Klappe gehalten hätte. Es war nicht gut. Er wollte nicht wieder reingehen, weil er nicht länger mit Nora reden oder in ihrer Nähe sein wollte, sondern weil er in einem halben Tag sowieso nicht mehr hier war und sie auch nicht mehr dabei sein würde. Mal davon abgesehen, dass er zwar schon mitbekommen hatte, dass das vorige Thema für sie aber auch nicht unbedingt eine lockerflockige Unterhaltung gewesen war - und er nicht davon ausging, dass es etwas mit Zuneigung zu tun hatte.
Er nickte bei ihrer Erwiderung leicht und löste den Blick etwas verzögert wieder von ihrem Gesicht. Dann ließ er sie bei Gavotte und Tüpfel zurück und ging zu der Stalltür hinüber, die zurück nach vorn führte, wo die beiden Pferde am Nachmittag gewartet hatten. Er öffnete sie, hielt jedoch noch einmal inne, bevor er nach draußen trat, und sah auch noch einmal über die Schulter zurück zu Nora.
"Keine Sorge, übrigens", sagte er und ein schmales kleines Lächeln zuckte auf seine Lippen. "Du bist schon ein bisschen eleganter als das Huhn." Und damit ging er hinaus und schloss das Tor hinter sich.
Sofort hineingehen tat er nicht. Seine Fingerspitzen verharrten wie zuvor schon kurz am kalten Holz und sein Blick ging einen Moment lang etwas ziellos in die einsetzende Dunkelheit hinein. Obwohl der Stall nicht beheizt war, war es drinnen doch wärmer und von den Tieren und dem Stroh etwas stickiger gewesen. Die kalte Luft fühlte sich deshalb gerade sehr gut an. Sie kühlte die erhitzte Haut, und dass ein leichter Wind über den Platz strich, beruhigte ihn ein wenig.
Dadurch war nicht sofort wieder alles gut. Wenn er nicht aktiv darauf geachtet hätte, wäre seine Atmung jedenfalls nicht gleich wieder ganz ruhig gegangen, und sein Herzschlag brauchte auch noch ein bisschen, um sich wieder zu sortieren und nicht so zu tun, als hätte er gerade etwas sehr Aufregendes getan. Er strich sich über den Hals und ging zum Zaun, um sich daranlehnen und abwarten zu können, bis das alles gesackt war.
Für ihn war das ganze Auf und Ab und Hin und Her des Tages mittlerweile fast schon körperlich anstrengend und für seinen Kopf auf jeden Fall auch ziemlich erschöpfend. Arrow war emotionale Situationen nicht gewöhnt, und es war nicht unbedingt hilfreich, dass er nicht wusste, ob die ihm durchaus bekannten Reaktionen in Noras Gegenwart nun einfach nur körperlichen Bedürfnissen zugrundelagen oder etwas anderes bedeuten sollten. Er war gegen körperlichen und psychischen Stress, der sich auf Gefahrensituationen oder ähnliches bezog, wirklich sehr gut abgehärtet und daher auf gewissenen Ebenen sehr resilient. Aber auf seelischen Stress war er nicht gut vorbereitet und auch nicht besonders gut aufgestellt. Er lebte alleine und hatte keine Familie und auch keine engen Freunde, an die er sich wenden konnte oder wollte. Außerdem war er eigentlich auch einfach nicht emotional und begegnete allem mit einer gewissen Gleichgültigkeit oder Abweisung. Dass ihn etwas so sehr beschäftigte, war er einfach nicht gewöhnt. Und es war ja nicht so, als wäre es nur wegen dem, was er gerade gedacht oder empfunden hatte, als sie ... noch mal über das von letzter Nacht geredet hatten. Die Scheiße mit dem Amulett kam obendrauf, was Freyja gesagt hatte, kam dazu, und dann noch seine Zwiegespaltenheit wegen Nora.
Sobald der Adrenalinspiegel absank und vermutlich auch Dopamin- und Serotoninkonzentration im Blut wieder nachließen, fühlte es sich daher ziemlich genau so an, als hätte er den ganzen Tag an einer schwierigen Aufgabe gebrütet und hätte nun keine einzige Gehirnzelle mehr abrufbereit, die noch irgendetwas aufnehmen wollte. Direkte Müdigkeit war es nicht. Er war immer noch viel zu unruhig und umriebig dafür. Aber sein Kopf fühlte sich ein wenig ausgelaugt an. Was nichts daran änderte, dass das Engegefühl in seiner Brust zurückkehrte, sobald er wieder darüber nachdachte, dass er all das morgen früh hier zurücklassen würde und es besser so war, wenn es hier blieb.
Als er sich schließlich wieder aufrichtete, weil sein Gesicht und die Ohren sich nicht mehr warm anfühlten, wanderte sein Blick noch einmal zur Stalltür. Wie Nora wohl reagiert hätte, wenn er ihr alles von dem gesagt hätte, was ihm im Kopf herumgegangen war?
Oder wenn er ihr gesagt hätte, dass er nicht alleine sein wollte.
Er ging wieder hinein, ließ das Schwert beim Schrank zurück, und falls ihm Freyja oder Jori über den Weg liefen, wünschte er ihnen eine gute Nacht und zog sich anschließend in das Gästezimmer zurück. Er zog die Jacke und die Stiefel wieder aus und nahm eine kleine Schachtel Feuerhölzer aus der Tasche, die er immer dabei hatte, um die Kerze anzuzünden, die Nora am Abend vorher gebracht hatte. Er stellte sie auf dem Tisch ab, schob das Säckchen mit dem Tee und die Münze zur Seite und hockte sich danach zurück aufs Fensterbrett. Wegen der Dunkelheit draußen und der Kerzenflamme drinnen war nicht viel zu sehen, aber das war auch nicht besonders wichtig.
Er würde noch eine Weile dort sitzen, bis die Tür nach draußen zu hören war und es danach still im Haus geworden war.
Aber was wusste er schon. Er dachte darüber eigentlich auch nur nach, um über irgendetwas Harm- und Belangloses nachdenken zu können.
Nora kam nicht auf die Idee, ihn aufzuhalten oder über noch irgendetwas anderes sprechen zu wollen. Was Arrow einerseits vielleicht erwartet oder gehofft hatte, aber gleichzeitig erleichtert war, dass sie es nicht tat. Ihre Anwesenheit war nicht sehr hilfreich dabei, sich wieder ganz zu beruhigen, als würde von ihr eine Spannung ausgehen und bis zu ihm hin reichen und dafür sorgen, dass er sich selbst nicht entspannen konnte. Und diesmal war diese diffuse kribbelige Empfindung da in seiner Brust, ohne dass er vorher irgendwelche Magie benutzt hatte. Oder kam es vielleicht doch noch von eben? Konnte ja sein. Wäre ganz gut. Wäre eine bessere Erklärung.
Er wusste es besser, es war nur problematisch. Die Sache hatte sich geklärt, und das beruhigte und erleichterte ihn auch. Aber gleichzeitig hätte sich das alles sicher nicht so hochgeschaukelt, wenn er einfach die Klappe gehalten hätte. Es war nicht gut. Er wollte nicht wieder reingehen, weil er nicht länger mit Nora reden oder in ihrer Nähe sein wollte, sondern weil er in einem halben Tag sowieso nicht mehr hier war und sie auch nicht mehr dabei sein würde. Mal davon abgesehen, dass er zwar schon mitbekommen hatte, dass das vorige Thema für sie aber auch nicht unbedingt eine lockerflockige Unterhaltung gewesen war - und er nicht davon ausging, dass es etwas mit Zuneigung zu tun hatte.
Er nickte bei ihrer Erwiderung leicht und löste den Blick etwas verzögert wieder von ihrem Gesicht. Dann ließ er sie bei Gavotte und Tüpfel zurück und ging zu der Stalltür hinüber, die zurück nach vorn führte, wo die beiden Pferde am Nachmittag gewartet hatten. Er öffnete sie, hielt jedoch noch einmal inne, bevor er nach draußen trat, und sah auch noch einmal über die Schulter zurück zu Nora.
"Keine Sorge, übrigens", sagte er und ein schmales kleines Lächeln zuckte auf seine Lippen. "Du bist schon ein bisschen eleganter als das Huhn." Und damit ging er hinaus und schloss das Tor hinter sich.
Sofort hineingehen tat er nicht. Seine Fingerspitzen verharrten wie zuvor schon kurz am kalten Holz und sein Blick ging einen Moment lang etwas ziellos in die einsetzende Dunkelheit hinein. Obwohl der Stall nicht beheizt war, war es drinnen doch wärmer und von den Tieren und dem Stroh etwas stickiger gewesen. Die kalte Luft fühlte sich deshalb gerade sehr gut an. Sie kühlte die erhitzte Haut, und dass ein leichter Wind über den Platz strich, beruhigte ihn ein wenig.
Dadurch war nicht sofort wieder alles gut. Wenn er nicht aktiv darauf geachtet hätte, wäre seine Atmung jedenfalls nicht gleich wieder ganz ruhig gegangen, und sein Herzschlag brauchte auch noch ein bisschen, um sich wieder zu sortieren und nicht so zu tun, als hätte er gerade etwas sehr Aufregendes getan. Er strich sich über den Hals und ging zum Zaun, um sich daranlehnen und abwarten zu können, bis das alles gesackt war.
Für ihn war das ganze Auf und Ab und Hin und Her des Tages mittlerweile fast schon körperlich anstrengend und für seinen Kopf auf jeden Fall auch ziemlich erschöpfend. Arrow war emotionale Situationen nicht gewöhnt, und es war nicht unbedingt hilfreich, dass er nicht wusste, ob die ihm durchaus bekannten Reaktionen in Noras Gegenwart nun einfach nur körperlichen Bedürfnissen zugrundelagen oder etwas anderes bedeuten sollten. Er war gegen körperlichen und psychischen Stress, der sich auf Gefahrensituationen oder ähnliches bezog, wirklich sehr gut abgehärtet und daher auf gewissenen Ebenen sehr resilient. Aber auf seelischen Stress war er nicht gut vorbereitet und auch nicht besonders gut aufgestellt. Er lebte alleine und hatte keine Familie und auch keine engen Freunde, an die er sich wenden konnte oder wollte. Außerdem war er eigentlich auch einfach nicht emotional und begegnete allem mit einer gewissen Gleichgültigkeit oder Abweisung. Dass ihn etwas so sehr beschäftigte, war er einfach nicht gewöhnt. Und es war ja nicht so, als wäre es nur wegen dem, was er gerade gedacht oder empfunden hatte, als sie ... noch mal über das von letzter Nacht geredet hatten. Die Scheiße mit dem Amulett kam obendrauf, was Freyja gesagt hatte, kam dazu, und dann noch seine Zwiegespaltenheit wegen Nora.
Sobald der Adrenalinspiegel absank und vermutlich auch Dopamin- und Serotoninkonzentration im Blut wieder nachließen, fühlte es sich daher ziemlich genau so an, als hätte er den ganzen Tag an einer schwierigen Aufgabe gebrütet und hätte nun keine einzige Gehirnzelle mehr abrufbereit, die noch irgendetwas aufnehmen wollte. Direkte Müdigkeit war es nicht. Er war immer noch viel zu unruhig und umriebig dafür. Aber sein Kopf fühlte sich ein wenig ausgelaugt an. Was nichts daran änderte, dass das Engegefühl in seiner Brust zurückkehrte, sobald er wieder darüber nachdachte, dass er all das morgen früh hier zurücklassen würde und es besser so war, wenn es hier blieb.
Als er sich schließlich wieder aufrichtete, weil sein Gesicht und die Ohren sich nicht mehr warm anfühlten, wanderte sein Blick noch einmal zur Stalltür. Wie Nora wohl reagiert hätte, wenn er ihr alles von dem gesagt hätte, was ihm im Kopf herumgegangen war?
Oder wenn er ihr gesagt hätte, dass er nicht alleine sein wollte.
Er ging wieder hinein, ließ das Schwert beim Schrank zurück, und falls ihm Freyja oder Jori über den Weg liefen, wünschte er ihnen eine gute Nacht und zog sich anschließend in das Gästezimmer zurück. Er zog die Jacke und die Stiefel wieder aus und nahm eine kleine Schachtel Feuerhölzer aus der Tasche, die er immer dabei hatte, um die Kerze anzuzünden, die Nora am Abend vorher gebracht hatte. Er stellte sie auf dem Tisch ab, schob das Säckchen mit dem Tee und die Münze zur Seite und hockte sich danach zurück aufs Fensterbrett. Wegen der Dunkelheit draußen und der Kerzenflamme drinnen war nicht viel zu sehen, aber das war auch nicht besonders wichtig.
Er würde noch eine Weile dort sitzen, bis die Tür nach draußen zu hören war und es danach still im Haus geworden war.