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 » INPLAY »  » Anan » Arrows Wohnung*

Arrows Wohnung*

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1Arrows Wohnung* Empty Arrows Wohnung* Do Aug 25, 2022 12:14 pm

Arrow

Arrow

Arrows Wohnung liegt im obersten Stockwerk eines der mehrstöckigen Wohngebäude in Anan. Von dort ist es nicht weit bis zur südlichen Stadtmauer, die über Übergänge und Brücken, von denen auch eine auf der Hälfte der Höhe des Gebäudes wegführt, fußläufig binnen fünf Minuten zu erreichen ist. Wie die meisten Häuser hier, ist das Gebäude aus hellem Stein errichtet und weist eine schlanke Bauweise auf. Im Inneren gibt es natürlich eine Treppe, die bis ganz nach oben führt, aber wenn man fliegen oder so gut springen und klettern kann wie der Irada selbst, dann kann man die Galerie vor seiner Wohnung auch gut auf diesem Weg außen an der Fassade hoch erreichen.
Wenn er nicht gerade schwere Sachen schleppen muss, macht er das übrigens auch immer selbst so. Treppenlaufen ist ihm zu langweilig.

Die Wohnung ist nicht sehr groß und besteht aus einem einzigen großen Wohnraum mit Küchenzeile, einem Schlafzimmer und einem Badezimmer. Man sieht sofort, dass der Bewohner lange Jahre auf Kjubika verbracht hat, denn die Einrichtung der Wohnung ähnelt dem Stil dort. Außer einem Sofa unter großen Fenstern Richtung Osten und einem Schreibtisch mit Stuhl gibt es hier keine Sitzmöbel oder so etwas wie einen Esstisch. Allerdings befindet sich etwas entfernt vom Sofa mehr mittig im Raum ein niedriger Tisch mit ein paar Sitzkissen darum herum, sodass klar ist, dass man hier auf dem Boden platznimmt.
Alles hier ist sehr aufgeräumt. Nichts liegt herum und es ist sauber, sodass man auf den ersten Blick wohl nicht auf die Idee kommen würde, dass es sich um die Wohnung eines Junggesellen handelt. Nur der Mangel an Dekorationsgegenständen könnte Anlass zu dieser Vermutung geben. Es gibt zwei Regale, die mit Büchern vollgestellt sind, ein Hängeregal bei der Küchenzeile mit Geschirr und eine große Grünpflanze in der Ecke. Das einzige, was hier ins Auge stechen könnte, ist die Langhalslaute, die neben der Pflanze an der Wand lehnt. Sie ist einer Shamisen nachempfunden.
Die Fenster an der Ostfront sind sehr groß und bogenförmig. Sobald die Temperaturen hoch genug sind, ist eines davon eigentlich ständig geöffnet, wenn Arrow zu Hause ist. Er sitzt sehr gerne auf der Fensterbank. Die Fenster zur Galerie hinaus sind kleiner und weiter oben, sodass man nicht einfach hereinsehen kann.
Da sich das Schlafzimmer auf der gleichen Seite wie das Wohnzimmer befindet, sind auch hier große Fenster nach Osten zu finden, durch die morgens die Sonne hereinscheinen kann. Vor dem mittleren befindet sich ein kleiner Balkon und es geht daher bis fast zum Boden. Das Bett befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite zum Wohnzimmer in der hinteren Ecke und ist theoretisch breit genug für zwei Personen. An der Wand neben der Tür zum Wohnzimmer befindet sich ein größerer Schrank, in dem Arrow allerdings nicht nur seine Kleidung, sondern auch seine "Waffensammlung" und andere Habseligkeiten aufbewahrt, die er unterwegs gebrauchen könnte, also auch Verbandmaterial oder Arznei- und Heilmittel oder –tränke. Auf der linken Wandseite, an der auch das Kopfende des Bettes steht, gibt es noch eine Tür, die ins Badezimmer führt. Es ist auch vom Wohnraum zugänglich, purer Luxus also.

Eigentümer des Gebäudekomplexes ist ein alter Mann und typisch iradanisch ein Tüftler, der das Gebäude mit einem ausgeklügelten Regen- und Abwassersystem ausgestattet hat. Die Irada sind für ihre pfiffigen Basteleien bekannt, und somit findet man diese Installationen in ähnlicher Form häufiger in Anan.
Weiter oben am Gebäude ist ein großer Wassertank zu finden, in den Regenwasser eingespeist wird. Aufgrund eines Leitungssystems, das mit Wasserdruck und einem Heizkessel arbeitet, kommt man hier daher in den Genuss tatsächlich so etwas wie eine warme Dusche nehmen zu können. Die (für unsere Verhältnisse etwas provisorische) Brause ist mit einem Rohr in der Wand verbunden und lässt sich über zwei Hebel öffnen. Der eine sorgt für warmes, der andere für Wasser direkt aus dem Tank. Da die Sache mit dem Wasserdruck und der Heizung des Wassers noch nicht perfekt ist, gibt es feste Waschzeiten für die Bewohner. Aus demselben Grund ist ein heißes Bad auch nur drin, wenn man öffentliche Badehäuser aufsucht.
Das Waschbecken funktioniert über ein ähnliches Prinzip, allerdings eine andere Leitung und es gibt einen gemeinsamen Abfluss bei der Dusche.
Auch hier sind zwei kleinere Fenster weiter hoben in der Wand vorhanden, sodass feuchte Luft abziehen, Licht hereinkommen, aber niemand hereinsehen kann.

Eine Vorratskammer gibt es hier oben nicht. Falls Arrow aber Lebensmittel oder andere Dinge haben will, die man besser kühl und/oder dunkel lagert, gibt es dafür einen entsprechenden Keller, den er sich mit den übrigen Bewohnern teilen muss.



Zuletzt von Arrow am Fr Aug 26, 2022 7:54 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet

2Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Fr Aug 26, 2022 7:34 pm

Arrow

Arrow

Windfang-Agentur ->->->>>

Zum Glück war die "reiche Schnickse" nicht gekommen.
Arrow war trotzdem todmüde, als er endlich an der Seite des mehrstöckigen Wohngebäudes stehenblieb, in dem sich seine Wohnung befand. In der Hand hielt er eine Tasche voll mit Einkäufen, um am nächsten Morgen nicht hungern zu müssen. Außerdem schleppte er immer noch sein Gepäck und die Waffen herum und es war längst dunkel. Auf den Straßen war es bereits merklich ruhiger geworden und über den Gassen waren nur noch ein paar Geflügelte unterwegs.
Über den Tag hinweg hatte die Sonne geschienen, aber die Luft war klar und kalt geblieben. Jetzt leuchteten Sterne am wolkenlosen Himmel und die Temperaturen mussten noch weiter in den Keller geklettert sein. Die Kälte drang mittlerweile langsam durch Arrows Kleidung und er war froh, endlich zu Hause anzukommen.
Er atmete langsam durch, stieß sich dann vom Boden ab und landete auf einem Sims im ersten Stockwerk des Hauses – wobei er gleich merkte, dass er fast die Landung verpasst hätte, weil… - Mit pochendem Herzen richtete er sich auf und blickte wieder hinunter, legte dann den Kopf etwas in den Nacken und schaute hinauf zu dem Übergang im dritten Stockwerk zwischen dem Wohnhaus und einem anderen Haus weiter weg, der wie eine Straße mehrere Gebäude verband.
Er sammelte sich neu. Leichtfüßig wie eine Katze sprang er auf das Geländer des Übergangs hinauf.
"Oh Scheiße…", murmelte er und stützte sich einen Moment lang auf den Handlauf.
Das Amulett… Es musste das Amulett sein. Er konnte das, er konnte es gut, es war einfach. Aber es war bisher nie so … selbstverständlich oder ohne jede Anstrengung gegangen. Es bereitete ihm keine Mühe, nicht einmal mit dem zusätzlichen Gepäck auf dem Rücken und über der Schulter. Als wöge er kein Gramm und müsste einfach nur denken, wie hoch und wohin er springen wollte.
Er richtete sich auf und drehte sich auf dem Geländer, um auf die Straße hinunterblicken zu können, wo er eben noch gestanden hatte. Wie er sich bewegte und wo er sich befand, hätte an anderen Orten viele Leute beunruhigt. Genug bekamen schon von der Vorstellung, auf einem Geländer zu stehen, ohne sich dabei mit den Händen festhalten zu können, ein mulmiges Gefühl. Hier war er nicht der einzige, der auf Simsen, Dächern oder Geländern über Häuserschluchten stand oder saß, auch wenn die meisten anderen, die es taten, dafür Flügel hatten. Arrow kannte Höhenschwindel nicht. Er hatte keine Angst vorm Fallen und sein Gleichgewicht war ihm so treu wie die rote Strähne im Haar oder die Narbe am Hals, die nie mehr verschwinden würde.
Das glatte Schimmern in seinen Augen war neu, aber er konnte es ja nicht sehen. Aber dieses Gefühl, dass alles an ihm, das in irgendeiner Weise mit der Bewegung von Luft zu tun hatte, von einer unendlich großen Energiequelle gespeist wurde und ihn überhaupt keine Mühe kostete… Das war auch neu, und er bemerkte es gerade nicht zum ersten Mal. Das war auch am Fluss bei Lishu so gewesen, als er mit dem Wind die Kleidung getrocknet hatte. Beim Scheuchen der Tiere war es nicht aufgetaucht, aber er hatte dem Luftzug auch nur gesagt, wohin er sich bewegen sollte und ihn nicht mit mehr Kraft ausgestattet. Vielleicht lag es daran.
Jetzt spürte er wieder dieses innere Kribbeln, das sich ein wenig anfühlte wie der wachmachende Effekt eines Adrenalinstoßes. Es fühlte sich gut an… Natürlich und richtig. Als gehörte es eigentlich so.
Aber das stimmte nicht. Er wusste, dass es von dem Amulett kam. Dass es nicht ihm gehörte. Er wollte sich nicht darauf verlassen und er wollte es nicht benutzen. Nicht, wenn es bedeutete, dass man ihn töten würde, um es ihm wieder wegnehmen zu können. Er wollte nichts damit zu tun haben. Er wollte ein ruhiges Leben verbringen und sich mit Aufgaben beschäftigen, denen er gewachsen war. Die nicht ungefährlich waren, aber bei denen auch nicht unmittelbar sein Leben auf dem Spiel stand.
Der Zug um seine Mundwinkel und der Ausdruck in seinen Augen verhärtete sich, als er die Zähne aufeinanderbiss. Er wandte sich wieder dem Haus zu und sprang auch die letzten Stockwerke hinauf. Diesmal landete Arrow mit einem Sprung oben auf der Galerie vor seiner Wohnungstür. Ein Leuchtstein erhellte einen Teil davon, und er leitete einen kleinen Schluck seiner Magie in den Schließmechanismus der Tür, sodass sie sich entriegelte und aufsprang. Wirklich eine praktische und vorbildliche Einrichtung des Vermieters.
Die Wohnung lag still und dunkel da. Es war nicht viel wärmer hier drinnen als draußen, weshalb er zuerst die Sachen ablud und sich um den Ofen kümmerte. Ein paar Rohre, die an den Wänden durch die Wohnung führten, würden es zumindest hier im Wohnbereich bald wieder wärmer machen. Bis dahin behielt er seine Haori an, verstaute die Waffen an ihren angestammten Plätzen und räumte die Taschen aus.
Er kümmerte sich um das Essen für den nächsten Tag und stopfte noch eine Portion Reis in sich hinein, weil er bemerkte, dass die zwei Bissen Tteokbokki von vorhin definitiv nicht genug gewesen waren, um satt zu werden. So groß sein Appetit darauf auch gewesen war – sobald Bo-Ran ihm die Portion hingestellt hatte, war er ihm vergangen. Warum hatte er sich gestern auch noch mit Nora darüber unterhalten müssen?
"Dok-boki?"
Seine Mundwinkel zuckten leicht, aber die Belustigung über diese Erinnerung verwandelte sich direkt wieder in ein leichtes Ziehen in der Brust. Er räumte die Schale weg, stand vom Tisch auf und ging ins Schlafzimmer hinüber, wo er den Sarashi von seinem Hals löste, sich auszog und mit frischer Kleidung und einem Handtuch ins Bad ging. Er zog den Hebel für die Dusche auf und stellte sich direkt darunter, obwohl er sich gerade erst wieder aufgewärmt hatte und in den ersten Augenblicken kaltes Wasser herauskam. Er hielt den Atem an und hielt es aus, so lange bis nicht mehr das Wasser herauskam, das in der Leitung gestanden hatte, sondern das Wasser, das unten aufgeheizt worden war. Er war eigentlich nicht dran, aber es war ihm egal und er nahm nur die Seife zur Hand, um sich damit in Rekordzeit komplett von oben bis unten einzureiben und dann sorgfältig alles wieder abzuwaschen.
Allerdings unterbrach er sich kurz, als das Seifenstück über das Amulett auf seiner Brust rieb – und ihm erst dabei auffiel, dass er schon wieder vergessen hatte, es abzulegen. Er zerrte es sich über den Kopf und warf es zur Seite, sodass es mit metallischem Klingen auf dem Boden aufkam und irgendwo bei der Tür liegenblieb.
Einige geschlagene Momente lang blieb er unter der Vorrichtung stehen, aus der das Wasser herauslief, nachdem er es schon ausgestellt hatte. Seine Hand ruhte an den Steinen, während sein Blick hindurchglitt. Erst, als ihm kalt wurde und er zu zittern begann, nahm er das Handtuch und trocknete sich ab. Er zog sich bis auf ein Oberteil wieder an, nahm das Amulett wieder an sich, löschte die Lichter und kauerte sich am Ende im Bett unter der Bettdecke auf der Seite zusammen.
Die Stille hier hatte sich schon lange nicht mehr so drückend und leer angefühlt.
Du bist selbst schuld daran.
Er hatte sich auch schon lange nicht mehr so alleine gefühlt.
Pech gehabt.
Mit den Fingern umschloss er das Amulett und schob es unter der Decke hervor vor sein Gesicht, sodass er es ansehen konnte. Das schwache Glimmen der milchig weißen Edelsteine schien zu pulsieren. Dabei bildete sich langsam ein Brennen in seiner Kehle und in den Augen, und der widerliche Knoten in seiner Brust, der mal ein Herz gewesen war, zog sich bei jedem Schlag schmerzhaft zusammen. Er schluckte gegen das Brennen und die Enge im Hals an und versuchte, ruhig zu atmen. Sein Blick glitt an dem Schmuckstück zwischen seinen Fingern vorbei auf das leere Stück Matratze neben ihm. Da er nie in der Mitte des Bettes schlief, wäre dort genug Platz für eine zweite Person gewesen, die ihm beruhigend über das Haar strich oder seinen Rücken streichelte. Aber der Platz war leer, und die Berührung an der Seite kam von seiner eigenen Hand, weil er sich den Unterarm über den Bauch geschoben hatte und sich dort an sich selbst festhielt.



°
.U.n.r.A.v.e.L.

Arrows Wohnung* Arrow688
...~´  `~...

3Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Do Sep 01, 2022 12:04 pm

Arrow

Arrow

Arashi.
Die Wolken, die wirbelnd und schnell über den strahlendblauen Himmel zogen, waren weiß und grau marmoriert. Groß, manchmal dräuend, als kündigten sie ein aufziehendes Unwetter an. Ihre Schatten tanzten zusammen mit dem Wind über die weite Senke und den Hügel und erzeugten gemeinsam Lichtreflexe, ein Glänzen und Ermatten der roten filigranen Blüten, die das Grün der schmalen Blätter unter ihnen dominierten.
Er stand vor der schlanken grauen Stele. Direkt vor dem milchig-weißen Stein, dessen Licht sanft pulsierte und summte und der Umgebung Leben zu schenken schien. Das Schimmern, das auf ihn fiel, schien sich in seinem Inneren in Wärme und Energie zu verwandeln. Es brachte die Blüten zum Erstrahlen und machte diesen Ort vollständig.
Ich habe es dir ja gesagt.
Die Frau mit dem orangebraunen Haar trat hinter der Stele hervor, als hätte sie schon die ganze Zeit dort gestanden. Das klare Wasser plätscherte leise, als sie neben ihn trat.
Jetzt stimmt es.
Sturm.
Ja.
Sie strich mit den Fingerspitzen über das Schriftzeichen, was sich so anfühlte, als würde sie ihm sanft über die Wange streicheln.
Ist dir nicht aufgefallen, wie viel davon jetzt hier ist?
Sie deutete hinauf zum Himmel, über den die Wolken wirbelten, machte eine Geste über die wogende Blumenwiese, grinste dann verschmitzt und strich sich über das weiße Kleid, dessen Saum vom Wind hin und her gezerrt wurde, sodass hin und wieder auch ihre Oberschenkel zu sehen waren.
Das bist du jetzt.

Arashi.
Es ist kein Sturm.
Bist du sicher?

Arashi.
Er wandte sich um, als er bemerkte, dass dieses Wort nicht von er jungen Frau neben ihm kam, sondern von einer anderen Stimme, die vom Ende des Weges aus großen flachen Steinen erklang. Die Frau in dem weißen Kleid war weg. Der Himmel hatte sich verdunkelt und eine Decke aus dräuenden Sturmwolken hing darunter und verwehrte den Blick auf das strahlende Blau.
Am Ufer des kleinen Teiches stand nun jemand anderes. Gewitterwolkenfarbene Augen blickten ihn an. Sie gehörten einem Wesen, einer Frau, deren Konturen und Haar abgesehen von ihrem Gesicht seltsam verwischt und flirrend schienen, als wäre ihr Körper nicht fest. Die Form ihrer Augen war vertraut, blutrote Lichtreflexe hingen in ihren wirbelnden schwarzen Haaren. Sie war in ein anthrazitfarbenes Kleid gehüllt, das im starken Wind flatterte und sie umgab wie Fetzen einer Regenwolke.

Arashi, sagte sie mit ihrer vollen, samtenen Stimme, ohne die Lippen zu bewegen, und ein leichtes Lächeln lag auf ihnen. Es wirkte sanft, doch der Ausdruck in ihren Augen war hart wie Stein. Kind des Windes voll Schönheit.
Mein Kind. Sturmkind.

Eine heftige Windböe fegte von der Seite her über sie beide und die Senke, peitschte das Wasser und riss den Saum des Kleides so weit mit sich, als bestünde es aus Nebelfetzen. Die Spitzen ihrer schwarzen Haare verflüchtigten sich wie bei einem Geist, ihre Konturen verwischten in Windrichtung. Kurz war sie fast verschwunden, als die Böe umschlug. Nur ihr Gesicht und die Augen saßen noch immer an Ort und Stelle.
Ich bin stolz auf dich. Arashi.

Es war schon das zweite Mal in wenigen Tagen, dass er aus dem Schlaf fuhr und mit heftig pochendem Herzen und aufgerissenen Augen in das Dämmerlicht im Zimmer starrte. Ihm war heiß und er war aufgeregt und unruhig, als hätte ihn jemand mit einem lauten Schrei ins Ohr direkt aus dem Tiefschlaf gerissen. Wie den letzten, hatte er auch diesen Traum dabei sofort wieder vergessen. Er war weg. Bis auf die Erinnerung an dieses Wort und die Augen. Diese dunklen, grauen Augen, die eins der Dinge waren, die seine Mutter so nicht an ihn vererbt hatte. Ihre Form und ihr Ausdruck waren sehr ähnlich, aber nicht ihre Farbe. Arrow hatte die bernsteinbraunen Iriden seines Vaters. Einer der wenigen Hinweise auf ihre Verwandtschaft.
"Arashi."
Seit mittlerweile etwas mehr als zwei Jahren hatte dieses Wort niemand mehr in seiner Gegenwart ausgesprochen. Hatte nicht mehr den Namen verwendet, den man ihm bei seiner Geburt gegeben hatte. Sogar Brianna hatte es auf Anhieb verstanden und vermieden. Aber genau wie die Augen, war er in seinem Traum vorgekommen, das wusste er noch.
Mikaze war dort gewesen.
Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in seinem Inneren aus. Er hatte generell nicht oft Träume, an die er sich erinnerte, aber von seiner Mutter hatte er schon sehr lange nicht mehr geträumt. Seine Erinnerungen an sie waren verschwommen und sicher auch beeinflusst von Wunschdenken. Wenn er von ihr träumte, war sie immer die wunderschöne Frau, die ihn anlächelte, ihn umarmte - und dann für immer den Raum verließ. Aber nie … war sie diese Augen und diese Stimme…
Er ging ins Bad und klatschte sich eine Ladung kaltes Wasser ins Gesicht, spülte sich den trockenen Mund und spuckte aus. Danach starrte er in das etwas angelaufene Spiegelglas, das über dem Waschbecken hing. Hellbraune Augen starrten zurück. Seltsamerweise beruhigte ihn das. Sie waren braun. Nicht grau. Auch wenn sie ansonsten fast genauso aussahen wie die Augen aus dem Traum. Auch wenn die Konturen der Wangenknochen und der scharfen Kieferlinie und selbst der gerade schmale Nasenrücken den Zügen seiner Mutter sehr ähnlich waren. Nur die weibliche Weichheit fehlte seinem Gesicht. Das ätherische Unweltliche.
Du bist menschlich.
"Du bist nur ein kleiner Menschenjunge, Arashi."

Er blinzelte.
"Ich wüsste, wenn du wärst wie ich. Du bist wie dein Vater. Ein Mensch."

"Mein Kind. Sturmkind."

Wo kam das … plötzlich her? Hatte sie das mal gesagt? Oder hatte er das auch geträumt? Sie hatte immer gesagt, dass er menschlich war wie sein Vater. Während sein Vater später, nachdem sie abgehauen war, nie müde geworden war, ihm zu sagen, dass er weder ein Mensch, noch ein Karon war.
"Du bist das Ebenbild deiner verfluchten Mutter", hatte er gesagt. "Es würde mich nicht wundern, wenn du dich plötzlich in Luft auflösen würdest wie sie." Und das hatte er auch wörtlich gemeint, denn genau das konnte Mikaze tun. Sich in Luft auflösen.
Ein leises Geräusch von der Haustür her riss ihn aus seinen Gedanken. Er ließ das Handtuch sinken, mit dem er sich gerade das Gesicht abgetrocknet hatte, und öffnete die Tür zum Wohnraum. Das Geräusch vor der Wohnungstür entpuppte sich als das Miauen einer zierlichen weißen Katze mit rotbraunen Ohren und einer rotbraunen Schwanzspitze. Das Tier war bisher immer vor ihm weggelaufen und rannte auch nun die Galerie entlang und blieb erst in sicherer Entfernung wieder stehen, wo es auf den Handlauf sprang.
Arrow hatte den Fehler gemacht, der Katze am Abend nach seiner Rückkehr ein paar Essensreste rauszustellen, über die sie sich in der Nacht scheinbar gierig hergemacht hatte. Sie war abgemagert und ihr Fell war stumpf gewesen. Vielleicht hatte sie tagelang nicht gut gejagt und fror bei der anhaltenden Kälte. Er hätte sie ignorieren sollen. Aber leider war ihm aufgefallen, dass ihr Fell an den Ohren und der Schwanzspitze die gleiche Farbe hatte wie Noras Haare.
Sehr dämlich. Ja.
Sogar große Rehaugen hatte sie. Sie waren nur nicht braun. Und eher groß vor Unsicherheit und Verängstigung.
Aber dieses kleine blöde Ding machte ihm dadurch ein schlechtes Gewissen, das er bei Tieren normalerweise nicht bekam. Also hatte er ihr etwas gegeben. Und seitdem wartete sie jeden Morgen vor der Tür. In den ersten beiden Tagen hatte er ihr besagte Tür wieder vor der fünf Meter entfernten Nase zugeschlagen. Aber am dritten Tag hatte sie gewonnen und er verfluchte sie und sich seitdem.
Übrigens schien sie genau zu wissen, wann er da, und wann er nicht da war.
"Sei nicht so ungeduldig", murmelte er und ging wieder nach drinnen. Er zog sich an, kümmerte sich um das Essen und brachte ihr erst dann etwas nach draußen. Sie war immer noch da, aber sie wartete auch immer noch auf dem entfernten Ende des Handlaufs der Galerie. Er stellte ihr die kleine Schüssel hin und hockte sich dann mit bloßen Füßen vor die Tür, um ihr dabei zuzusehen, wie sie sich vorsichtig und ihn dabei beäugend näher traute. Sie sah schon viel besser aus. Eigentlich hätte er anfangen können, sie wieder zu ignorieren. Oder sie zu verscheuchen.
"Mit dir…
Ich werde dich vermissen.
Bis bald."

Die Katze machte einen Schrecksprung mit allen Vieren in die Luft und selbst Arrow fuhr zusammen, als unvermittelt auf dem Handlauf der Galerie ein kleiner Raubvogel landete. Sie stellte den Schwanz zu einer Flaschenbürste auf, machte mit gesträubtem Fell einen Buckel und fauchte drohend, aber sie rannte immerhin nicht davon.
Das Federvieh ließ sich davon nicht beeindrucken. Es war ein Raubvogel, größer als ein Falke, kleiner als ein Habicht, mit Sprenkeln auf den Flügeln.
Alquilá.
Arrow atmete kurz durch, trat dann einen Schritt zurück und hielt dem Tier die Wohnungstür auf. "Komm rein…"
Alquilá schwebte an ihm vorbei, machte flatternd eine Kurve, und als er ihm folgte, hatte er sich auf der Lehne des Schreibtischstuhls niedergelassen. Die Katze brauchte wohl einen Moment, um sich zu erholen. Oder sie haute nun ab und kam nie wieder. Das wäre das Beste. Für alle.
Die Augen des Raubvogels waren weiß geworden, und es dauerte nicht lange, bis unverkennbar Briannas Stimme im Raum zu hören war.
"Nett hast du’s hier. Sieht aus wie auf Kjubika. Nostalgie?"
"Wie hast du mich gefunden? Ich habe gesagt, dass du dich bei Windfang mit mir in Verbindung setzen sollst."
Arrow stellte fest, dass die Vorhänge hier verrutscht und die Sitzkissen über den Boden gefegt worden waren. Vermutlich war der Traum schuld. Gut, dass er beim Schlafen wenigstens kein Geschirr heruntergerissen hatte.
"Ich wollte sichergehen, dass dort niemand deine Post öffnet. Oder sich über einen Vogel wundert, der mit dir redet. Außerdem ist es einfacher, direkt miteinander zu sprechen, statt mühsam tausend Briefe auszutauschen. Alquilá ist dir gestern gefolgt. Aber er schläft, sobald es dunkel wird, also habe ich das Gespräch auf heute verschoben." Er konnte ihr Grinsen hören. Eigentlich beruhigend, dass sie gute Laune und die Zeit gehabt hatte, ihrem Vogel eine Nacht Ruhe zu gönnen, bevor sie mit ihm reden wollte. "Geht’s dir wieder richtig gut?", fragte sie, während der Vogel ihn dabei beobachtete, wie er die Vorhänge richtete und die Kissen wieder einsammelte.
"Klar."
"Lüg nicht."
"Ich bin wieder gesund."
"Aber es geht dir nicht gut."
Arrow warf Alquilá einen säuerlichen Blick zu, in dem Wissen, dass er dabei Brianna "anschaute", auch wenn es sich komisch anfühlte, dass da nur der blöde Vogel hockte. "Warum fragst du so blöd, wenn du es besser weißt?"
Sie lachte, was es nicht besser machte. "Entschuldige… Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Es ist sicher nicht leicht für dich, das Amulett zu haben. Ich dachte mir, dass dich das beschäftigt. Ich hatte gehofft, dass du ehrlich zu mir sein kannst."
Arrows Augenbraue zuckte in die Höhe. "Ich wüsste nicht, warum ich dir sowas erzählen sollte."
Man konnte sich ihr Schulterzucken schon bildlich vorstellen, als sie seufzte. "Du kennst mich. Du weißt, dass du mir vertrauen und mir alles erzählen kannst. Aber darin warst du nie gut. Ich hätte dir gewünscht, dass es besser für dich wird, nachdem du Kjubika verlassen hast. Ich schätze, dem ist nicht so."
"Es geht mir viel besser hier."
"Natürlich. Aber du lebst alleine und bist nicht gerade von den tollsten Leuten umgeben, verzeih mir diesen Kommentar."
"Brianna." Er hockte sich aufs Sofa und verschränkte die Arme vor der Brust. "Was willst du? Hast du was rausgekriegt? Irgendwas Neues? Hat … Takari was gemerkt?"
Sie schwieg einen Moment lang und die weißen Augen des Raubvogels schienen tief in ihn hineinzusehen. "Takari hat keine Ahnung", verkündete sie dann. "Also erst mal Entwarnung. Ich habe versucht, mit ihm noch einmal über die Leute zu reden, die deine Nora und dich im Wald angegriffen haben. Aber ich wollte ihn nicht zu sehr damit nerven, damit er nicht misstrauisch wird, warum ich mich dafür interessiere. Er sagt, dass es bestimmt irgendwelche Typen waren, die eben einfach auch ein Auge auf das Ding geworfen haben, und behauptet, dass es davon wirklich genug gibt. Es würde mich nicht mal wundern."
Arrow hatte nur schweigend die Zähne aufeinandergebissen, als sie wieder mal mit "deine Nora" um die Ecke kam, kommentierte es aber noch nicht weiter. "Was hat er eigentlich mit der Frau gemacht?"
"Ich weiß nicht. Vielleicht getötet. Er schien kein besonderes Interesse daran zu haben, mehr über die Typen rauszufinden, die noch an das Amulett wollen. Er fühlt sich auf Kjubika sehr sicher. Er ist ein großkotziges Arschloch."
Auch, wenn es nicht seine Absicht gewesen war, die Frau jemandem auszuliefern, der sie später töten könnte, empfand Arrow kein Mitleid oder schlechtes Gewissen. Wahrscheinlich wäre Nora und ihm das gleiche passiert, wenn sie und Pferdeschwanz sie mitgenommen hätten. Wobei Nora vermutlich kein so großes "Glück" gehabt hätte, gleich umgelegt zu werden. Er erinnerte sich noch gut an das, was der Typ gesagt und wie er sie angeschaut hatte. Ekelhaft.
"Verstehe." Er fuhr sich durchs Haar und stand auf, um sich weiter ums Frühstück zu kümmern. Es war sein freier Tag, darum hatte er keinen Zeitdruck, das Gespräch mit Brianna voranzubringen. Aber natürlich interessierte ihn trotzdem hauptsächlich, ob es etwas Neues gab. Sonst hätte sie ihn nicht kontaktiert, oder? "Hast du noch was rausgefunden?"
Es blieb einen Moment lang still, während er das Essen zum Tisch trug und sich dann im Schneidersitz daran niederlassen konnte, sodass er Alquilá im Blick hatte.
"Nicht wirklich. Nichts zumindest, was eindeutige Hinweise darauf geben könnte, wie man dich von dem Amulett befreien kann, ohne dass es dich tötet."
Sie sagte es so sachlich, dass sich eine Hand um sein Herz legte und leicht zudrückte. Er war froh, dass Nora ihn nie danach gefragt hatte und er es ihr nie hatte sagen müssen. Er hatte die Hashi schon zur Hand genommen, starrte jedoch nur auf die Schale mit Reis hinunter.
"Aber", fuhr sie fort, "ich wollte mit dir noch mal über alles reden. Vielleicht ist mir etwas entgangen oder ich finde neue Ansätze, nach denen ich forschen kann. Ich gehe noch immer davon aus, dass das Amulett nicht nur an dich, sondern auch an deine Magie gebunden ist. Du bist nicht wachgeworden, ehe es seine nicht mit deiner vereint hat, soweit ich es beurteilen kann. Deshalb wollte ich noch mal mit dir über die Sache reden. Ist dir irgendetwas an dir selbst aufgefallen, das sich verändert hat?"
"Du meinst, abgesehen davon, dass das Amulett meine Kräfte verstärkt?"
"Das hast du also ausgetestet?"
Er pikste mit den Stäbchen in den Fisch. "Mehr oder weniger." Innerlich wand er sich ein wenig. Er wollte nicht darüber sprechen, aus Sorge, man könnte ihm anmerken, wie gut es sich anfühlte. "Ich hab komische Träume", sagte er nach einem weiteren Moment und schob sich etwas von dem Fisch in den Mund. Dabei war ihm der Appetit mal wieder ziemlich vergangen.
"Oh? Kannst du sie beschreiben?"
Er antwortete nicht sofort und kaute unnötig lange auf dem Bissen herum, der sich irgendwie zäh anfühlte und scheinbar nach nichts schmeckte. "Ich bin mir sicher, dass … in diesem heute meine Mutter vorkam. Und … ich erinnere mich an den Traum, als … Nora mir das Amulett zurückgegeben hat. Sie war … da, an  so einem Ort, der sich nicht so wirklich wie einfach nur ein Traum anfühlt."
Er beschrieb ihr in knappen Worten die Landschaft mit den roten Blumen und dem Teich und wie dort alles eingefroren und still gewesen war, bevor Traum-Nora dieses weiße Ding aus dem Wasser hochgehoben und ihm zurückgegeben hatte.
"Ich glaube, ich habe seitdem öfter von dem Ort geträumt, aber ich bin nicht sicher, weil ich mich nicht erinnere. Es ist nur so ein Gefühl. Und … heute war ich wahrscheinlich wieder da. Und ich weiß noch, dass ich die Augen meiner Mutter gesehen habe und sie meinen Namen gesagt hat."
"Deinen echten - "
"Meinen alten Namen, ja."
"Arashi."
Er sah sie gereizt an. Oder vielmehr den blöden Vogel.
"Lass mich nachdenken", murmelte sie unbeeindruckt, und er stocherte eine kurze Weile weiter in seinem Essen herum, während sie still blieb. "Du hast deine Kräfte von deiner Mutter, nicht wahr? Vielleicht repräsentiert sie sie. Und dieser Ort, den du beschrieben hast, könnte das sein, wie dein Selbst sich im tiefen Innern verkörpert."
Arrow zog eine Augenbraue hoch und legte die Hashi weg. "Eine rote Blumenwiese und ein Teich? Was redest du für einen Scheiß?"
Brianna lachte glockenhell auf. "Zu romantisch? - Du bist zur Hälfte ein Geistwesen. Es wäre nicht verwunderlich, wenn du eine engere Verbindung zu ihrer Welt besitzt als normale Menschen. Auch wenn du es bisher offenbar nicht feststellen konntest. Vielleicht wurde es durch das Amulett ausgelöst. Ich frage mich bloß, was Nora dort zu suchen hatte."
Okay. Sein Hunger war offiziell weg und der Appetit schon längst. Er schob das kleine schwarze Holztablett von sich. Es hatte sich damals nicht wie ein normaler Traum angefühlt, das hatte er schon gedacht, als er sich schließlich daran erinnert hatte. Aber trotzdem war er davon ausgegangen, dass Nora nur deshalb eine Rolle in dieser ganzen komischen, eiskalten und widerlich stillen Umgebung gespielt hatte, weil sie diejenige gewesen war, die ihm das Amulett zurückgebracht hatte. Oder vielmehr diejenige, die es gestohlen hatte. Sein Kopf hatte sie logischerweise eingebaut, weil ihn das beschäftigt hatte.
"Du meinst, diesen Ort gibt es wirklich?", fragte er, nicht nur, weil es ihn interessierte, sondern auch, um abzulenken.
"Nicht so, wie diese Wohnung oder Anan oder alles andere, das du als physische Welt betrachten würdest. Und ... er ist nur in dir. Aber … selbst, wenn es nur ein Traum war, bedeutet es nicht, dass es weniger real sein muss. Wie auch immer, leider kann ich hier nur spekulieren. Es wäre sicher einfacher, wenn du dich besser daran erinnern könntest. Aber ich nehme diesen Gedanken mit."
Arrow erwiderte nichts.
"War Nora auch heute in deinem Traum?"
Wieso?
"Ich weiß es nicht."
Er klang vermutlich ein kleines bisschen zu patzig dabei: "Ist irgendwas passiert zwischen euch?"
Wieder trat einen Moment lang Stille ein, aber der Luftzug, der durch seine Haare glitt, verriet mit Sicherheit schon bevor er sprach, dass Brianna keine freundliche Antwort darauf erhalten würde.
"Und was geht dich das an?", erwiderte er dann auch gereizt und störte sich nun erst recht daran, dass er nur Alquilá, aber nicht Brianna persönlich anfunkeln konnte.
"Nun ja, Nora war von Anfang an dabei und ich dachte, dass ihr euch nach dem, was passiert ist, wieder zusammengerauft habt. Das interessiert mich."
"Ich dachte, dass du Informationen für mich hast, die mir weiterhelfen könnten. Für mich ist aktuell alles ziemlich scheiße, also entweder, du kannst mir mit dem Amulett weiterhelfen, oder ich dreh deinem Piepmatz gleich den Hals um."
"Hoppla…", machte sie. "Das beantwortet meine Frage ja fast schon…"
"Brianna…!"
"Mal ehrlich, Arrow. Dieses Mädchen hat es nur gut mit dir gemeint. Sie war so besorgt um dich und wollte dir helfen. Bist du wirklich immer noch sauer darüber, dass sie dir das Amulett gestohlen hat? Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht zu hart zu dir selbst und zu ihr – "
"Das ist es doch gar nicht!", zischte er, sie unterbrechend, und hasste sich dafür, dass er nicht einfach ruhig bleiben und sie abbügeln konnte. Warum wurde er überhaupt wütend?
"Was ist es dann?"
Er antwortete nicht sofort, weil er nicht wusste, was er antworten sollte. Er merkte nur, wie es ihn aufwühlte, dass sie über Nora reden wollte und sie zu merken schien, dass da etwas war. Das hatte sie schon in Lishu geschafft, und das war gewesen bevor … - er all diese verwirrenden Empfindungen in Noras Gegenwart verspürt hatte. Bevor er wirklich angefangen hatte, sie zu mögen. Und bevor er sie angelogen hatte, um sie aus all diesem ganzen Scheiß herauszuhalten. Und sie damit sehr verletzt haben musste, wenn sie ihn nicht mit all ihren Worten ebenfalls angelogen hatte. Es war das Richtige gewesen. Er würde es jederzeit wieder tun. Aber trotzdem tat es ihm leid. Er hatte diese Entscheidung nicht getroffen, um sie zu verletzen, sondern um sie zu schützen.
Möglicherweise hätte er eine andere Entscheidung getroffen, wenn er ehrlicher zu sich selbst gewesen wäre. Doch wenn er nicht einmal das schaffte, wie sollte er ehrlich zu Nora sein?
"… oh je", machte Brianna, als er still blieb und Alquilá nur weiter anstarrte. Ihr Tonfall verpasste ihm dabei einen leichten Stich. "In Ordnung… Ich werde nicht weiter fragen." Sie seufzte. "Also. Gibt es noch etwas, das dir aufgefallen ist, was sich verändert hat, seit du das Amulett hast?"
Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder so weit im Griff hatte, dass er über ihre Frage nachdenken konnte. Er schluckte den bitteren Geschmack im Mund herunter, doch leider half es nichts gegen den Knoten in der Brust. Oder das Ziehen darunter. Wenn ihm nicht gerade die Katze unter die Augen kam, hatte er es in den letzten Tagen gut geschafft, nicht mehr so oft an Nora zu denken. Er hatte sich eingeredet, auf dem besten Weg zu sein, sie zu vergessen und auch sein schlechtes Gewissen nicht länger mit sich herumzuschleppen. Offensichtlich war das Wunschdenken. Natürlich.
"Nein", sagte er schließlich. "Aber wenn das Amulett sich mit meiner Magie und … mit dem Teil von mir verbunden hat, der von meiner Mutter kommt… Meinst du, es könnte dann selbst irgendwas mit Geistwesen zu tun haben?"
"Ich weiß nicht genau, wie es funktioniert, aber das ist kein schlechter Gedanke…", murmelte sie nachdenklich. "Wärst du dazu bereit, mir zu sagen, wer oder was deine Mutter genau ist?"


->->->>> und Retour



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4Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Mo Sep 19, 2022 6:16 pm

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Gasthäuser & Herbergen ->->->>>

Arrow merkte noch nichts vom Alkohol, als er die Eingangstür des Gasthauses hinter sich ins Schloss zog und einen kurzen Moment lang stehen blieb. Mittlerweile war es draußen ruhiger geworden und man hörte nur hier und dort noch Stimmen oder andere Geräusche, die darauf hindeuteten, dass noch nicht alle im Bett lagen und selig schliefen. So spät war es wahrscheinlich auch noch gar nicht, die Dunkelheit setzte in dieser Zeit des Jahres immer noch relativ früh ein und es war ohne die Sonne noch kühl, sodass die meisten Leute früh Zuflucht in ihren Häusern und Wohnungen suchten.
Er tat einen tiefen Atemzug, der beim Ausatmen Kondenswölkchen in der Luft bildete, und setzte sich in Bewegung. Und kaum war er dreißig Schritte gegangen, fing es an zu regnen. Es waren erst nur feine Tröpfchen, die er kaum auf dem Haar, aber deutlich genug im Gesicht spürte. Dann wurde der Regen kräftiger. Schade, dass es auch auf Lasaliel nicht mehr kalt genug war, dass man wirklich noch fest mit Schnee rechnen musste. Andererseits störte der Regen ihn gerade eigentlich gar nicht. Nach der einschläfernden Wärme am Tresen belebte das kühle Nass auf der Haut ihn ein wenig, besonders, als die Tropfen mehr und kräftiger wurden.
Die Tasche schulterte Arrow ein wenig neu und blieb dann noch einmal stehen, weil er merkte, dass die beiden doppelten Schnäpse ihm nun doch zu Kopf zu steigen begannen und die Welt sich eine kleine Spur verzögert zur Seite bewegten, obwohl er das Gesicht bereits gedreht und die Tasche auf der Schulter schon zurechtgeschoben hatte. Er legte den Kopf etwas in den Nacken, sodass die Regentropfen besser Stirn und Wangen trafen, und starrte in den Himmel hinauf. Es war dunkel, aber er konnte die tiefhängenden Wolken trotzdem gut erkennen, und das nicht nur, weil die höchsten Gebäude Anans längst mit den Dächern und obersten Etagen in ihnen hingen. Manchmal waren die Regenwolken so schwer, dass die ganze Stadt, seltener die ganze Insel auf einmal in ihnen verschwand, schließlich schwebte Lasaliel in der Luft.
Seine Augenlider zuckten, als ein Regentropfen es auf sein linkes Auge abgesehen hatte, er blinzelte und hielt die Augen danach geschlossen. Für etwa eine Minute stand er so da und ließ sich berieseln, dann erschauderte er, schob die Hände in die Hosentaschen und ging weiter. Die Welt schaukelte erneut ganz leicht, als er dafür den Kopf aus dem Nacken nahm.
Der Alkohol reichte nicht aus, um ihn wirklich betrunken zu machen; Arrow trank nicht oft oder regelmäßig etwas, aber seine Toleranz war ganz in Ordnung. Trotzdem war er nicht so leichtsinnig, über die Brücke und die Simse am Gebäude hinauf zur fünften Etage zu springen, sondern nahm zum wiederholten Male an diesem Tag Treppenstufen, nämlich die bis ganz nach oben. Der Schnaps hatte es geschafft, das schwache Jucken an den Oberarmen, das das Pochen und leichte Schmerzen abgelöst hatte, zu betäuben, und er hatte auch seine Genervtheit etwas besänftigt. Seine Laune blieb allerdings ungebrochen schlecht.
Es ging ihm schon seit Tagen nicht gut, und es gab keine Ereignisse und auch keine Personen hier, die ihn wirklich ablenkten oder die Gefühle, die ihn aufwühlten, besänftigen und in positive verwandeln könnten. Er wusste nicht, wie lange er sie noch mit sich herumschleppen musste. Es war ungewohnt, anstrengend und raubte ihm Ruhe und Schlaf. Die Kombination an Emotionen, mit der er dabei zu kämpfen hatte, war zusätzlich noch mal eine ungewohnte und absolut hassenswerte Situation für ihn.
Arrow war nicht emotional, solange man ihn nicht gerade sauer machte, und er begegnete den meisten Situationen mit einer gewissen Distanz – und dem Talent, Verunsicherung, Angst oder anderes in dieser Richtung im Innern verborgen zu halten. Das ermöglichte es ihm, auch brenzlige Aktionen hinter sich bringen zu können, ohne die Nerven zu verlieren, obwohl er pokern und auf Glück setzen musste. Wie zum Beispiel in Cern-Yon bei Takari. Er war für solche Situationen geschult und hatte sich schon so häufig in akuter Gefahr befunden, dass er damit gut umgehen konnte, selbst wenn er keinen echten oder gar keinen Plan hatte, um zu entkommen.
Andere Leute waren ihm in der Regel egal. Er gab nichts auf ihre Meinung, nichts auf ihre Sympathie, und bei den meisten war es ihm egal, ob er sie je wiedersah oder nicht. Es gab ein paar Personen, die er akzeptierte und respektierte. Er hatte die "engste" Bindung hier in Anan vermutlich zu Kirin. Er hatte nichts gegen Rikka und Daisuke. Er tat, was Gordon ihm sagte, weil er wusste, dass der wiederum wusste, was er tat und was er wollte. Und letztlich natürlich auch, weil er ihn bezahlte.
Aber er hatte keine wirklichen Freunde. Er hatte keine Familie, die er mochte und an die er sich wenden konnte.
Er vertraute Brianna und verließ sich auf ihre Einschätzung. Er sah zu ihr auf. Aber er wollte sich auch ihr nicht anvertrauen und sich ihr öffnen, denn sie war eine Mentorin, keine Freundin.
Er war noch nie an einen Gegenstand gebunden gewesen. Er hatte noch nie keine Ahnung gehabt, wie er ein solches Objekt wieder loswurde. Und er hatte noch nie Sorge haben müssen, dass jemand es ihm abnehmen und ihn töten wollen könnte, nur um die Magie oder Macht in diesem Artefakt für sich selbst nutzen zu können. Er hatte das Amulett niemals für sich gewollt. Er hatte nie etwas damit zu tun haben wollen. Er hatte nicht danach gefragt. Er war zufrieden mit seinem Leben gewesen. Und jetzt…
Jetzt trieb ihn um, dass er dieses beschissene scheißverfickte Ding in seiner Hosentasche womöglich nie mehr loswurde oder bei dem Versuch einer anderen Person, es für sich zu gewinnen, umgebracht wurde. Auf diese Situation hatte ihn nie irgendjemand vorbereitet. Natürlich nicht. Er war aufgeschmissen und überfordert damit. Vor allem mit der Ungewissheit und dem Unwissen darüber, das damit einherging. Vor allem mit der Tatsache, dass auch Brianna noch nicht schlauer geworden war, obwohl er naiverweise anderes erwartet hatte.
Alles, was mit dem Amulett zusammenhing, machte ihn unruhig und sorgte dafür, dass seine Gedanken darum kreisten, solange seine Konzentration und Aufmerksamkeit nicht für eine Aufgabe benötigt wurden. Manchmal, wenn er darüber nachdachte, erwischte er sich dabei, wie seine Atmung schneller ging und sein Herz fester schlug, so unruhig machte es ihn. Einfach weil er rein gar nichts darüber wusste.
Er hätte jederzeit abgestritten, dass er Angst hatte.
Er wusste nicht einmal, ob er Angst hatte. Vielleicht. Eher machte ihm vermutlich die Unsicherheit zu schaffen, die sein Leben beherrschte. Die Ungewissheit, ob jemand wusste, dass er sich hier in Anan aufhielt, der das Amulett haben wollte. Die Ungewissheit, ob Takari nicht doch herausgefunden hatte, dass Arrow noch das echte Amulett besaß.
Aufwühlen taten ihn auch die Träume, an die er sich nicht erinnerte. Dieses Gefühl, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Etwas, das ihm partout nicht wieder einfallen wollte. Ihn hatte aufgewühlt, dass er im Traum seine Mutter gesehen hatte. Und dass er nicht wusste, was es bedeutete. Dass auch hier Brianna nur eine Vermutung angestellt hatte.
Aber während alles, was mit dem Amulett zusammenhing, ihn beunruhigte und es ihm fast unmöglich machte, abzuschalten, waren die Gefühle, die es hervorrief, noch besser zu ertragen. Sie beschäftigten eher seinen Kopf und sorgten dafür, dass er nicht richtig abschalten konnte. Die Erinnerungen, die dann auch noch relativ häufig hinzukamen oder sogar dazwischengrätschten, waren fast noch schlimmer.
Die psychische Belastung war das eine. Die seelische das andere.
Und das Schlimme war, dass er allein die Schuld daran trug und das auch wusste, es aber nicht rückgängig machen konnte. Oder zugeben konnte, dass er es gerne rückgängig machen wollte, und es deshalb auch nicht rückgängig machen konnte. Er hatte sich damit schon von Anfang an ihm Weg gestanden, und dafür gab es sehr viele Gründe. Zum einen, dass er einfach nicht wusste, wie er mit diesen Empfindungen umgehen sollte. Sie verunsicherten ihn und waren ungewohnt. Zum anderen glaubte er, dass sie alles nur mehr verkomplizierten. Redete sich ein, dass sie sowieso nur temporär und den besonderen Umständen geschuldet waren. Er ließ andere Personen nicht gerne an sich heran, was wiederum durch seine Erziehung und seine Lebenserfahrung bedingt war. Dementsprechend schwer fiel es ihm, den eigenen Wunsch nach Aufmerksamkeit, Nähe und Zuneigung einer anderen Person zu akzeptieren. Oder zu akzeptieren, dass diese Empfindungen echt und ehrlich waren und nicht, wie er meinte, die Reflexion einer temporären Ablenkung.
Er kam am obersten Treppenabsatz an und umrundete das Gebäude oben unter der Arkade, um zu seiner Wohnungstür zu gelangen. Hier war man vor dem Regen geschützt, solange nicht ein kräftiger Wind ihn unter den Vorsprung drückte. Seine Schritte verlangsamten sich, als er die zierliche weiße Katze auf dem Schuhabtreter vor seiner Tür entdeckte. In ihrem Fell glitzerten vom Leuchtstein neben der Tür angeleuchtete kleine Regentropfen. Als sie ihn bemerkte, huschte sie zum Ende der Galerie und hielt erst dort wieder inne, um ihn aus sicherer Entfernung mit ihren großen Augen, die nun aus der Distanz das Licht reflektierten, anzuschauen
Arrow betrachtete sie einen kurzen Augenblick lang, dann blinzelte er langsam und sah anschließend woanders hin. Er machte noch ein paar Schritte und ließ sich dann an der Hauswand in die Hocke gehen. "Was willst du, koneko? Ich kann dir nicht dreimal am Tag was geben."
Seine Lippen blieben leicht geöffnet, als er innehielt. Dann schloss er sie und presste die Zähne zusammen. Er fing schon an, mit dem Vieh zu reden. Dabei konnten Tiere sowieso nicht verstehen, was man ihnen sagte. Manche Tiere reagierten auf Tonfall und Tonlage, aber sie verstanden keine Wörter. Genau das hatte er doch Nora auch schon gesagt. Also halt dich dran.
Das Gefühl in seinem Kopf wurde diffuser und wattiger. Er wischte sich mit der Hand den Regen aus dem Gesicht und lehnte den Hinterkopf mit einem Seufzen an die Fassade.
"Ich ... werde dich vermissen.
Danke… Dafür, dass du mich wahrnimmst."

Das hatte noch nie jemand zu ihm gesagt...
Er schloss die Augen.
Beides nicht...
"Ich möchte mit dir Mochi essen und die Natur kennenlernen, Maulbeeren pflücken, wenn es welche gibt, oder Drachen und Mantikore beobachten. Ich möchte Anan kennenlernen, bevor ich auf eine Hochzeit dort eingeladen werde."
Er stieß in langsamen Bewegungen den Hinterkopf wiederholend gegen die Hauswand und griff mit den Fingern in den Stoff der Haori.
"Ich vermisse dich …" – Er öffnete die Augen. – "nicht. Und … ich bereu’s auch nicht…"
Er hatte sich doch große Mühe gegeben, nett zu ihr zu sein und ihr noch ein paar Dinge zu sagen, bevor er gegangen war. Deshalb konnte sie doch sicher verstehen, warum er es so gemacht hatte, oder?
Das widerliche Gefühl, das die Vorstellung in ihm auslöste, Nora könnte ihn hassen, war für einen Moment fast übermächtig und tat mehr weh als die Tatsache, dass… -
Nein. Schluss damit.
Hör auf.
Er nahm den Kopf erneut wieder aus dem Nacken und stellte fest, dass nicht nur das Bild vor seinen Augen erneut zu stark kippte, sondern auch die Katze etwas nähergerückt war. Er starrte sie an, was sie offensichtlich verunsicherte.
Nein. Das alles hier war nicht in Ordnung, und er musste es endlich hinter sich lassen. Hätte ihm jemand sein Herzeleid geklagt und dabei diese blöde Geschichte erzählt, hätte er nur einen abfälligen Kommentar dafür übriggehabt. Er wusste doch, dass Noras Anwesenheit ihn nur davon abgelenkt hatte, wie kompliziert und scheiße der ganze Rest seines aktuellen Lebens gerade eigentlich war. Er hatte sich mit ihr abgelenkt und sie war nett gewesen und hatte ein paar Dinge gesagt und getan, die dafür gesorgt hatten, dass er sich gut und gemocht fühlte. Und der Wunsch nach Nähe und Aufmerksamkeit war doch nur natürlich, wenn der Rest einfach nur beschissen war.
Jetzt war sie nicht mehr da – natürlich wollte er es zurück, weil sich mit ihr alles nicht so arg und aussichtslos angefühlt hatte. Weil er nicht so viel daran gedacht hatte. Weil sie ihn abgelenkt hatte.
Jetzt lenkte ihn niemand mehr ab, also musste er sein Leben wieder in den Griff kriegen. Er konnte seinen Alltag auch nicht mehr damit zubringen, sich auszuruhen, sich Unterhaltungen am Esstisch anzuhören oder einen Ausflug in den Wald zu machen.
Oder damit, sich vorzustellen, wie diese Frau ihm ins Schlafzimmer folgte.
Oder ihm Nacken, Schultern und Rücken massierte. Kirin bekam einen unflätigen Fluch dafür ab, dass sie ihm diesen Massage-Floh ins Ohr gesetzt hatte, und er kam wieder auf die Beine. Er war kein pubertierender Halbwüchsiger mehr, dessen Hormone vollkommen verrücktspielten, verdammt noch mal! Er hatte wirkliche, echte und viel größere Probleme als Nora.
Die kleine Katze huschte wieder weiter zum Ende der Galerie.
Arrow ließ den Windstrom, der um ihn herumtanzte, schwach leuchtend in ihre Richtung zischen. "Hau ab", sagte er dabei, und das arme Tier war so schnell über die Brüstung, dass er hinterher keine Ahnung hatte, ob es wirklich in die Tiefe gesprungen war. Es fiel ihm nicht mal wirklich auf. Er hatte sich schon der Wohnungstür zugewandt, entriegelte sie und schlug sie viel zu laut hinter sich wieder ins Schloss.

->->->>> Windfang-Agentur



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5Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Mi Dez 07, 2022 11:38 am

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Stadtmitte ->->--->

Er stieg vom Handlauf der Arkade oben im fünften Stock herunter, nachdem er einen kurzen Augenblick lang dort gehockt und bemerkt hatte, dass die kleine weiße Katze mit den rotbraunen Ohren in die hinterste Ecke der Galerie geflohen war. Er wollte es nicht zugeben, doch es erleichterte ihn, dass sie noch lebte und sich scheinbar auch nichts gebrochen hatte, als er sie zuvor über das Geländer gejagt hatte. Nur hatte er keine Ahnung, warum das Tier immer wieder nach hier oben kam, besonders nicht nach der Aktion. Weil er sie gefüttert hatte? Mochte sie die Aussicht und dass man sich hier gleichzeitig vor dem Regen verstecken konnte?
Im Gegensatz zu ihm war sie trocken und hatte daher wohl schon längere Zeit hier Schutz vor dem widerlichen Nieselregen gesucht; seine Kleidung war mittlerweile trotz Regenschirm durchnässt und er fror. Dennoch stand er ein paar Sekunden lang dort und sah zu der Katze hinüber, deren Pupillen im Licht des Leuchtscheins schimmerten. Sie hatte sich zusammengekauert und machte diese großen runden Rehaugen.
Das ist eine Katze.
"Ich hoffe du findest bald wieder dein Gleichgewicht, jedoch solltest du dich schon langsam um deine Angelegenheit kümmern."
Er atmete langsam durch und trat zur Tür, die er mit seiner Magie entriegelte und anschließend einen Spalt breit offen ließ, nachdem er den Regenschirm zum Trocknen hingestellt hatte und hineingegangen war.
"Auch dir selbst zuliebe."
Er nahm einen Teller, häufte etwas geräucherten Fisch und gekochten Reis mit untergerührtem Ei darauf und brachte ihn zurück nach draußen. Auch wenn es für die Katze war, schenkte er ihr dabei keine Beachtung und ging direkt wieder hinein, wobei er die Tür diesmal auch ins Schloss zog. Er entledigte sich der Tasche und des leeren Beutels, trat die Stiefel an der Wohnungstür von den Füßen und ging, sich dabei die Haori und das durchnässte Oberteil ausziehend, ins Schlafzimmer hinüber. Die Kleidungsstücke landeten auf dem Holzfußboden, und er erschauderte leicht, weil es nicht mehr besonders warm hier drinnen war. Mit der Hose kam er nicht so weit, da die Gewichte in den Taschen ihn daran erinnerten, dass noch etwas darin war. Also zog er erst die beiden Steine, dann das Amulett heraus und betrachtete allesamt einen Moment lang schweigend. Die Steine landeten in der unteren Schublade des Nachtschränkchens am Bett, in der sich noch weitere befanden, darunter auch ein kleiner Luftstein. Das Amulett streifte er sich über und unterdrückte ein neuerliches Schaudern, als das Metall sich erst kühl, dann von seinem eigenen Körper wärmer werdend an sein Brustbein schmiegte. Er ignorierte auch das angenehme Prickeln, das sich von dort ausgehend auf seiner Haut ausbreitete und sich kurz im Nacken sammelte.
Nachdem er auch die Hose ausgezogen und sich frische und vor allem trockene Kleidung herausgesucht hatte, kehrte er in den Wohnbereich zurück, kümmerte sich um den Ofen, bediente sich lustlos am übrigen Essen und setzte sich damit an den niedrigen Tisch, sodass er von dort aus in die Dunkelheit draußen sehen konnte. Hier drinnen glommen für ihn nur eine Kerze und das Feuer im Ofen, das mit seiner Hilfe schneller wieder richtig zu brennen anfing.
Der harte Knoten, der irgendwann mal sein Magen gewesen sein musste, verhinderte immer noch, dass er Lust auf das Essen vor ihm auf dem Teller hatte, aber der Knoten war nicht nur hart, sondern auch hohl, sodass er sich dazu zwang, den Teller zu leeren. Xiaos essbare "Aufmerksamkeit" hatte er fürs Erste im Schrank mit den haltbaren Vorräten verstaut.
Es war auch nicht so, dass er gar nicht mehr richtig aß – nur weniger, und da er keinen Appetit verspürte, vergaß er es auch einfach. Der Knoten verwandelte sich langsam in ein Drücken, als er fertig war, und er versuchte das pappige Gefühl im Mund mit einem Glas Wasser wegzuspülen. Man konnte ihm ansehen, dass er in der ganzen Zeit nicht bei der Sache war und mit den Gedanken irgendwo anders hing. Die Wut und die Genervtheit, die er in Xiaos Gegenwart die ganze Zeit über verspürt hatte, die Anspannung von der Auseinandersetzung eben waren verraucht und hatten der Niedergeschlagenheit wieder Platz gemacht. Der Luftzug, der sich in seine Haarsträhnen verirrt hatte, war kaum vorhanden.
"Was ist es dann?"
Er starrte hinunter auf seine rechte Hand, deren Sehnen und Konturen sich im Licht der Kerze mit harten Schatten unter der Haut abzeichneten. Die im Wald genauso gekribbelt hatte wie eben, als er die Magie benutzt hatte und danach Nora -
Kümmer dich um das Amulett.
Ja. Das war wichtig. Er wusste, dass niemand an die Tür klopfen und ihn wie einen kleinen Jungen an die Hand nehmen würde, um seine Probleme für ihn zu lösen. Das war in seinem gesamten Leben noch nie passiert, nicht mal, als er noch ein kleiner Junge gewesen war. Er konnte nicht darauf warten oder zulassen, dass Brianna Informationen suchte und ihm zurechtkaute, während er hier herumsaß und nichts unternahm. Er musste aufhören, sich im Selbstmitleid zu ersäufen und immer wieder festzustellen, dass die einzige Person, deren Anwesenheit ihn beruhigt hätte und ihm wichtig gewesen wäre, auch diejenige war, die er am wenigsten tiefer in diesen Scheiß hineinziehen wollte.
Lustig. Erst hatte er betont, dass es seine Sache war und sie nichts anging. Drei Tage später war der Grund, warum er sie nicht dabeihaben wollte, ein ganz anderer gewesen. Und der war es immer noch. Jetzt hätte er viel dafür gegeben, dass sie ihn vollplapperte, kommentierte, wie typisch es für ihn war, dass die ganze Wohnung so aufgeräumt und karg bestückt war, und neugierig fragte, was man in Anan alles unternehmen konnte, und was es auf Lasaliel so Besonderes zu entdecken gab. Aber das ging nicht. Es war ein selbstsüchtiges Verlangen, um sich das Leben leichter zu machen, und das am Ende auf ihre Kosten. Ihre Mutter hatte letzteres erkannt, und er auch. Deshalb saß er jetzt hier und fühlte sich am schlechtesten, wenn seine Gedanken wieder einmal zu der Tatsache zurückkehrten, dass er Nora angelogen und sie damit verletzt hatte.
Das nagte am meisten in ihm. Deshalb war da dieser harte Knoten. Nicht nur, weil er sie vermisste, obwohl er wusste, dass es besser war, wenn sie ihn nicht besuchte. Das war nicht schön, aber es war notwendig. Nein, am schlimmsten wurde dieses Gefühl dadurch, dass er sie bewusst belogen und somit auch genauso absichtlich verletzt hatte. Weil er wusste, dass sie wütend auf und enttäuscht von ihm war. Es war so einfach, Leuten, die er nicht mochte, ins Gesicht zu sagen, dass er sie scheiße fand und sie ihn Ruhe lassen sollten. Aber…
Er konnte sich noch so oft, laut oder leise, einreden und behaupten, dass Nora ihm nicht fehlte und dass er nicht bereute, was er getan hatte. Aber er konnte sich selbst nicht belügen. Sie fehlte ihm. Und das Wissen, dass er sie verletzt hatte und sie nicht wiedersehen konnte, um sich dafür zu entschuldigen… - Das fühlte sich einfach schrecklich an.
Arrow biss die Zähne so fest zusammen, dass sein Kiefergelenk knackte, als er bemerkte, dass er schon wieder nicht über das Amulett nachdachte, sondern über Nora. Er rieb sich die Wange. Es war nicht wichtig, was sie über ihn dachte. Wichtig war, dass sie in Sicherheit war – zumindest was diesen ganzen Müll anbelangte, den er hinter sich her schleifte. Das war das einzige, was eine Rolle spielte.
Natürlich hatte sein Verhalten und dieses sich selbst etwas Einreden noch einen recht praktischen Grund: Er musste nicht zu genau darüber nachdenken, warum seine Empfindungen außerdem noch so irrational stark waren.
Seine Hand sank vom Gesicht zur Magengrube, über die er ebenfalls rieb – und dabei feststellte, dass dort alles angespannt war und er wahrscheinlich schon stundenlang nur noch in die Brust atmete.
Er hätte ihr sagen können, warum er nicht wollte, dass sie kam?
Klar. Das hätte Nora natürlich auch sofort akzeptiert, verständnisvoll genickt und ihm nicht etwa gesagt, dass es ihre Entscheidung war, ob sie ein Risiko dafür eingehen wollen würde oder nicht. Natürlich hätte er auch ihre Mutter in die Pfanne hauen und Nora sagen können, dass auch Freyja die Idee nicht gut fand. Aber wozu hätte das geführt? So war es besser.
Und jetzt kümmer dich um deinen Scheiß.
Er kam auf die Beine, räumte den Teller und die Hashi auf die Anrichte und stellte fest, dass es hier gar nicht so ordentlich aussah. Er betrachtete den Haufen an schmutzigem Geschirr und rumstehenden Utensilien einen Moment lang ausdruckslos, dann wandte er sich ab und verschwand im Schlafzimmer. Er war immer noch ziemlich müde und wollte sich lieber hinlegen. Auch wenn er wusste, dass er in der nächsten Stunde sowieso nicht einschlafen würde.
Aber wenigstens dachte er an sein "eigentliches, echtes, einziges" Problem. Denn er betrachtete auf der Seite liegend und es vor sein Gesicht haltend das Amulett. Das bekackte Ding, mit dem die steile Abfahrt angefangen hatte. Das in der Dunkelheit schwach schimmerte und dessen Leuchten sacht pulsierte.



Zuletzt von Arrow am So Feb 05, 2023 5:02 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet



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6Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Sa Dez 24, 2022 3:38 pm

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Am Himmel zogen die grauen, dunkelblauen und anthrazitfarbenen dichten Wolken ohne Lücke vorbei. Ein diffuses schwaches Licht schien hindurch, was einem den Eindruck verlieh, unter einem meterdicken Gletscher zu stehen. Der Wind zog wie ein lebendiges Wesen über die weite Senke und die Hügel hinauf. Die Blumen mit den roten, auf schlanken Stängeln blühenden filigranen Blüten neigten sich unter seiner Berührung, als verbeugten sie sich vor ihm. Lichtreflexe liefen über die Pflanzen wie Wellen, wenn er vorbeizog.
Das Gewand der Frau zerfranste, dehnte sich, zog sich zusammen, wechselte die Richtung, wann immer eine Windböe es erfasste. Ihre Kleidung, ihre Umrisse waren permanent in Bewegung und schienen fest und körperlos gleichzeitig wie die dichten Wolken am Himmel. Selbiges galt für ihr schwarzes Haar, das ihr lang bis über den Rücken gefallen wäre und ihr sicher bis über das Becken reichen würde, wäre es nicht ständig in Bewegung. Schimmerndes und glänzendes Rot hing wie ein breiter Kranz aus Lichtreflexionen in den Strähnen um ihren Kopf herum und leuchtete auch hier und dort in den Haarspitzen, wann immer sie sich nicht im Wind verloren.
Sie stand mit dem Rücken zu ihm, genau am Rand des Teiches, am Ende der flachen, wie in den Boden eingelassenen Steinplatten, die von niedrigem dichtem weichem sattgrünem Gras umgeben waren.
Da bist du. Du bist hier.
…hier…

Eine unendliche Zeit schien zu vergehen, während der Wind an ihr zerrte und ihr Körper gleichzeitig völlig stillhielt. Haar und Kleidung, oder Nebel, oder Wolkenfetzen, was immer es war, waberten um sie herum, die Konturen verschwimmend und zerreißend wie Dunst, der vom Wind vertrieben wird.
Dann plötzlich machte sie einen Schritt nach vorn in den Teich hinein.
Arashi…
Und noch einen.
Die Oberfläche des Wassers zu ihren Füßen bebte und geriet in Bewegung. Kleine Tröpfchen lösten sich von der Oberfläche wie Sprühregen, aufgepeitscht vom Wind, der auch an der Kleidung, dem Haar und den Konturen der Frau zerrte. Das Beben wurde stärker, je näher sie der Stele in der Mitte des Teiches kam.
…hier… Du gehörst… Mir…
Mir.
Sie war verschwunden.
An ihrer Stelle stand neben der Stele die junge Frau mit den orangebraunen Haaren und sah ihn an. Sie sagte diesmal nichts und lächelte auch nicht.
Jetzt war da nur noch ein leichter Wind. Als hätte all das hier sich nach einem Unwetter wieder beruhigt.




Er zuckte zusammen, sodass sich der Ellbogen seines zur Seite halb ausgestreckten linken Armes reflexhaft bewegte, er die Augen öffnete und der Schlaf wie ein Vorhang von ihm abfiel, als sein Blick sich dabei auf den leeren Platz neben ihm richtete. Er zog den Arm mit der Hand über die Matratze tastend zu sich heran.
Und setzte sich dann abrupt und mit stockendem Atem auf.
Es musste mitten in der Nacht sein, doch das Schlafzimmer war in glühendes Mondlicht gehüllt, das durch die großen Fenster an der Ostseite des Raumes hereindrang und es einfach für ihn machte, das Zimmer in aller Deutlichkeit zu sehen. Die leere Hälfe des Kissens, die Bettdecke, die schon während des Schlafens von seinen nackten Schultern gerutscht war. Der verschlossene Schrank an der Wand gegenüber der Bettseite. Die leere Hälfte des Bettes.
Der Herzschlag ging zu schnell. Das Amulett hing um seinen Hals und klopfte auf und strich ihm über das Brustbein wie warme Fingerspitzen, als er die Schultern etwas sinken ließ, dabei die Luft durch den Mund ausstieß und sich mit der Hand durch die Haare fuhr.
Da war niemand.
Natürlich nicht.
Er schob sie unter der Decke in den Schoß. Stieß erneut den Atem durch den Mund. Sein Körper bebte leicht dabei und er senkte die Lider. "Hhhhschhheißßeee…" Die andere Hand legte er sich über Augen und Stirn und wartete darauf, dass das Ziehen in der Brust nachließ und den Rest der prickeligen Empfindung erstickte, die er beim Aufwachen verspürt hatte. Was ziemlich schnell funktionierte, denn ohne den Schlaf enttarnte sich der Traum ziemlich schnell als genau das, was er gewesen war: ein Traum.
Nicht die Realität.
Er war alleine und es war still. Nur den eigenen Herzschlag und den Atem spürte und hörte er, fühlte die Spannung im Körper, und es dauerte einige Augenblicke, bis er die Decke ganz von sich schob und aufstand und das Pochen verschwunden war. Er schluckte gegen das trockene Gefühl im Mund an und versuchte wohl, damit auch gleichzeitig das schlechte Gefühl herunterzuwürgen, das ihn immer noch festhielt, seit ihm bewusst geworden war, was er da geträumt hatte, was es auslöste und … dass es nur ein Traum war.
Das war nicht okay.
Es war nicht okay, dass sein Hirn sich vorstellte, wie diese Frau in jenem Gästebett in seinem Arm lag und schlief.
Was für eine lächerliche Wunschvorstellung.
Neineinein – keine Wunschvorstellung. Nein.
Er verschwand im Badezimmer und schaffte es, sich genau drei Minuten lang unter das kalte Wasser zu stellen, um den Kopf wieder freizubekommen. Das Nass vertrieb sämtliche Wärme und überzog die nackte Haut mit dem ungeschönten kalten Kribbeln der Realität. Es hinterließ nur ein heftiges Zittern und für ein paar Augenblicke auch blau anlaufende Lippen, bis er sich ein Handtuch um den Körper schlang und die Haut in Rekordzeit abtrocknete. Danach – eigentlich schon davor – war er viel zu wach, um sich wieder hinlegen und einschlafen zu können, sodass er sich ganz anzog, nachdem er auch das Haar notdürftig trockengerieben hatte. Er ging in den Wohnbereich zur Küchenzeile, sortierte das ganze Zeug, das sich in den letzten Tagen angesammelt hatte, holte den inzwischen von der Katze leergeputzten Teller von draußen herein und ließ Wasser in das Spülbecken, nachdem er den Ofen wieder in Gang gebracht hatte, um es warm zu bekommen. Der Heizkessel im Keller war in der Nacht nicht in Betrieb.
Die kalte Dusche hatte dafür gesorgt, dass er wieder fror. Um Durchblutung und Kreislauf in die Höhe zu treiben, hatte er vermutlich eine Minute zu lange darunter gestanden. Deshalb blieb er einige Momente lang am Ofen, setzte sich davor und starrte in die tanzenden Flammen hinter dem Metallgitter, während er darauf wartete, dass das Wasser heiß wurde. Es kochte sicher nicht erst seit ein paar Sekunden, als ihm genau das schließlich auffiel und er wieder auf die Beine kam, um es in die Spüle zu geben.
Den Abwasch zu erledigen, hatte aufgrund der Routine etwas Beruhigendes, auch wenn es dadurch, dass er seinen Kopf nicht dafür brauchte, nicht wirklich ablenkte. Er versuchte sich damit zu beschäftigen, eine Liste zu erstellen, was er am nächsten Tag tun würde.
Einkaufen.
Die Stadt verlassen.
Den Gaul besuchen.
Natürlich Kazeneko mitnehmen und vielleicht trainieren.
Auf jeden Fall brauchte er Bewegung.
Vielleicht danach noch in die Bibliothek.
Vielleicht sollte er Kirin und die anderen doch auf ihrer Kneipentour begleiten. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee, sich zu besaufen und alles einfach für einen Abend zu vergessen. Und den halben Sonntag wegen zu großen Kopfschmerzen und Übelkeit nicht nachdenken zu können.
Vor allem nicht darüber, dass er schon wieder von Nora geträumt hatte.
Es war nicht der erste Traum von ihr, den er hatte. Allerdings der erste, in dem sie nicht wutentbrannt und verletzt verkündete, dass er sich verpissen sollte. Der erste, in dem sie nicht voller Schadenfreude mit dem Amulett in der Hand dastand und ihn auslachte, weil er es nicht zurückbekam. Und auch der erste, in dem er sie nicht tot oder verblutend irgendwo auffand.
Sondern sie einfach friedlich neben ihm in einem warmen Bett lag und schlief.
Der erste schöne Traum, an den er sich erinnern konnte, seit das mit dem Amulett alles passiert war. Ach was, seit noch viel Längerem.
Keine gewittergrauen Augen. Keine alten Namen. Keine Sorge darüber, dass jemand ihr etwas getan haben könnte. Oder dass jemand vor der Tür stand oder ihn auf der Straße erkannte und ihm folgte. Niemand, der ihn paralysierte, ihn bewegungsunfähig am Boden liegend trat und ihm den Hals aufschnitt. Niemand, der die Absicht haben könnte, ihm das Amulett wegzunehmen. Oder ihn dafür zu töten.
Kein Amulett.
Die Simplizität und Harmonie dieses Traumes machten es umso schlimmer.
Er stand hier an der Spüle, ganz alleine, im flackernden Licht des Feuers aus dem Ofen. Mit dem Amulett. Ohne eine Lösung. Ohne…
Arrow zog den Stöpsel aus dem Abfluss und ließ den Lappen los, der mit einem leisen nassen Plumpsen in der Spüle landete.
Xiao hatte im Endeffekt doch nichts vom Amulett gewusst und ihm nicht hinterherspioniert – jedenfalls war er mittlerweile von diesen Tatsachen überzeugt. Aber er hatte ihm auch gezeigt, dass es nicht selbstverständlich war, dass er in Ruhe gelassen wurde, und dass er recht damit behielt, dass es hier einfach nicht sicher war. Allerdings hatten Xiaos Anspielungen Arrow auch hinterfragen lassen, ob Nora wirklich in Sicherheit war. Ob es richtig gewesen war, sie zurückzulassen, ob es das bewirkte, weshalb er es überhaupt getan hatte.
Ein Teil von ihm wusste längst, dass sie vielleicht zwar sicherer war, wenn sie nicht hierherkam und nicht wusste, wo er wohnte, und niemandem etwas darüber erzählen konnte - dass damit aber keineswegs ihre Sicherheit garantiert war. Natürlich wusste er das. Er war nicht blöd. Er hatte in seinem Leben schon zu viel erlebt und zu viel Scheiße mitgemacht, um das mit voller Überzeugung glauben zu können. Bisher hatte er es nur ignoriert, weil er sie nicht nur deshalb zurückgelassen hatte, um sie nicht zu gefährden. Sondern auch aus Unsicherheit. Weil er weglief, in der Hoffnung, dass sie wieder verschwand, diese Empfindung. Weil er… -
Er sammelte den Papierstoß vom Boden auf, den er in der Nacht wahrscheinlich mal wieder vom Schreibtisch gefegt hatte, da es zwischen Wohnraum und Schlafzimmer nur einen bogenförmigen Durchgang und keine Tür gab. Er verstaute ihn in der Schublade. Die Gardinen und Vorhänge zog er ordentlich zurück. Der Mond war schon lange weitergezogen und es würde nicht mehr lange dauern, bis die Morgendämmerung einsetzte.
Dann ging er ins Schlafzimmer, räumte auch die getragene und vom Regen noch feuchte Kleidung zusammen und brachte sie ins Bad. Danach öffnete er den Kleiderschrank und legte ein paar der Sachen auf das Bett, um sie anschließend zusammenzulegen und in den Rucksack zu stopfen. Er kramte in den Schubladen nach ein paar weiteren Utensilien, die unterwegs nie fehlen sollten, und sortierte sie in die Tasche. Beides brachte er anschließend zum Eingangsbereich.
Gegen die Anspannung und das Herzklopfen dabei konnte er nichts tun. Beides war sehr unangenehm, seine Hände waren kalt. Als würde er wieder bei Takari auf dem Sofa sitzen und hoffen, dass niemand der Frau mit den schwarzen Haaren glaubte und Brianna ein Wunderwerk vollbrachte.
Draußen dämmerte es mittlerweile.
Arrow streifte sich eine Haori über, nahm eine weitere Tasche, das Schwert und seinen Geldbeutel und verließ die Wohnung.



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7Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Fr Feb 10, 2023 3:50 pm

Nora

Nora

An den Anlegestellen ====>

"Irgendwo hier muss es doch sein...", überlegte ich und schaute mich um. Doch das war gar nicht so einfach die Orientierung zu behalten, wenn ein dichter, kalter Nebel sich plötzlich ausbreitete und wie ein Schleier über ganz Anan legte. Auch im Cernwald oder Lishu kam es vor, dass sich ein Nebel ausbreitete, doch dies gehörte eher zur Seltenheit an und prägte mehr den Herbst. Doch hier war es anders – es war furchteinflößend in einer Gegend im Nebel zu sitzen, wenn man sich nicht auskannte. UND wenn man keinen Wolf als Begleitung dabei hatte, der einem verriet, dass man in dir richtige Richtung lief.

Ich brauchte eindeutig mehr Zeit als erwartet, denn dass ich mich hierbei verlaufen hatte, war mir bald bewusst. So schnell wie sich der Nebel ausgebreitet hatte, so schnell kroch auch die Angst hervor, mich verirrt zu haben. Es war ruhig auf den Straßen, weswegen ich mir schwer tat nach Hilfe zu suchen. Eine Dame hatte mich darauf hingewiesen, dass ich wieder zurück musste und wo ich die Abbiegung finden würde, nach der ich suchte. Schlussendlich schaffte ich es auch bei dem Wetter, das richtige Gebäude doch noch zu finden. So sehr ich mit dem Weg beschäftigt war, war mir gar nicht aufgefallen, dass ich keine Zeit für weitere Nervosität hatte. Diese zog sich nun vom Brustbereich bis zu den Zehenspitzen und Kopf durch und unterdrückte mein gesamtes Denkvermögen. Ich atmete schwer, als wäre ich gerade hier her gerannt. Als ich das Haus betrachtete, war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich mir wirklich erhofft hatte, es in diesem Nebel zu finden. Mir wäre just in dem Moment lieber gewesen, einfach daran vorbei gelaufen zu sein.
"Yumi", entkam es mir, als ich die richtige Straße gefunden hatte. "Nummer fünf", als ich auch sogleich das Haus endlich fand. Mein Blick fiel hoch zu dem Dach des Gebäudes, auf dem ein dunkler Vogel saß und mich erschreckte, als er laut krähend davon flatterte. Ich fuhr zusammen und machte mich beinahe stolpernd auf den Weg zum Treppenaufgang. "Ganz oben. Kagawa", erinnerte ich mich an Briannas Erklärung, wie ich ihn finden würde. Es hatte sich bei mir eingeprägt als hätten wir gerade erst heute früh darüber geredet.
Auf dem obersten Stockwerk angekommen musste ich mich erst noch zurecht finden, welche Tür die seine war. Und plötzlich stand ich davor. Vor seiner Haustür. "Kagawa", flüsterte ich als wäre es ein Geheimnis. Tatsächlich. Da war es. Uns trennte nur mehr eine Tür. Ich hob die Hand. Und hielt inne. Mein Herz pochte wie wild, sodass ich Angst hatte, jemand Außenstehendes würde es hören. Mit gehobener Faust wartete ich darauf, dass ich die Kontrolle über meinen Körper wieder erlangte. Dass ich ganze drei Minuten ohne jegliche Bewegung dastand, fühlte sich nur so an, als wären es zehn Sekunden gewesen. Ich haderte mit mir, ob ich das wirklich durchzuziehen wollte.
Erst eine Berührung an meinen Beinen ließ mich zusammenschrecken und zurücktaumeln, sodass ich über das wuschelige Etwas stolperte und auf den Boden plumpste. "Autsch", keuchte ich und blinzelte mehrmals, als ich die braune Katze erkannte, die sich in einem Eck vor mir versteckt hatte. "Oh!", entkam es mir überrascht und erleichtert, als ich deren braunen Augen sah und sie einen Moment lang anstarrte, sowie sie es auch mit mir tat. Alsbald sie realisierte, dass von mir aus keine Gefahr drohte, näherte sie sich tatsächlich und ließ sich sogar von mir streicheln. "Was bist denn du für eine liebe...", meinte ich zufrieden zu ihr und lächelte leicht. Es beruhigte wahrlich, wenn man einem Tier durch das Fell strich. Zudem lenkte es fabelhaft vom eigentlichen Problem ab.
So ließ ich die Zeit vergehen in der ich mit dem Kätzchen auf dem Boden saß und mich mehr um sie als um mich kümmerte. Ich hatte mich ablenken lassen und vergaß, weshalb ich überhaupt da war. Ein tolles Gefühl, vor allem wenn man bedachte, dass ich gerne Shiba bei mir gehabt hätte, dies jedoch nicht möglich war. Wenigstens konnte ich ein anderes Tier kuscheln und das eigene Unwohlsein damit beruhigen.
Erst ein dunkler Vogel auf der Brüstung ließ die Katze spielerisch aufspringen, sodass ich ihr nachsah und wieder realisierte, wo ich gerade war. "Oh Mist", überlegte ich bei dem Anblick der Tür auf dem Kagawa geschrieben stand. Schlussendlich raffte ich mich auf, schulterte meinen Reisebeutel erneut und stellte mich erneut vor die Haustür. Ich erhob erneut die Faust, hielt erneut inne und blickte zu dem Vogel, welcher nach kurzem Krächzen sich in die Lüfte erhob. Die Katze sprang ihr glücklicherweise nicht nach, sondern schaute sich wieder nach mir um und schlängelte sich wieder zwischen meine Beine. "Jetzt oder nie", meinte ich ihre Stimme in meinem Kopf zu hören und klopfte tatsächlich zweimal mit festen Schlägen gegen das Holz. Mit gehobener Faust erstarrte ich und checkte erst jetzt, was ich getan hatte und was für Folgen das mit sich zog. "Vielleicht ist er gar nicht hier", erhoffte ich mir schon beinahe und konnte spüren, wie mein Herz intensiver schlug als je zuvor. Ich war es gewohnt, dass es heftiger schlug, wenn ich an Arrow und die Situation dachte. Doch nun war es anders, beinahe als wollte es noch ein letztes Mal Vollgas geben, ehe es zu Grunde ging. "Verflucht!", flüsterte ich leise zu mir selber darauf wartend, dass sich das Türblatt bewegte. Doch mein Körper wollte sich umdrehen, schnell verschwinden und zurück zur Unterkunft gelangen. Am besten noch mit der Katze!

8Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Fr Feb 10, 2023 4:27 pm

Arrow

Arrow

Den ganzen Tag die Wohnung zu verlassen und ihn nach der Erledigung der Einkäufe außerhalb Anans zu verbringen, war an sich eine gute Idee gewesen, denn auch, wenn er immer noch todmüde war, war er so angespannt und von dem Traum so durcheinander, dass die Bewegung, die frische windige Luft abseits der Stadt und der Anblick der freien Flächen hinter den Ställen und Höfen außerhalb von Anan ihm dabei geholfen hatten, wieder klarere Gedanken zu fassen. Und sich zwischendurch eine ganze Weile lang auf etwas anderes zu konzentrieren, denn das fiel ihm beim Trainieren oder bei den ganzen Übungen mit dem Schwert immer am leichtesten. Das war ja auch schon in Lishu so gewesen und hatte zumindest so lange geholfen, bis er die Lektion beendet hatte.
Er hatte Gavotte bewegt – und das wohlweislich erst danach, denn wahrscheinlich wären sie dank seiner Anspannung und Ungeduld vorher nur aneinandergeraten. Es hatte am Ende gutgetan; er mochte das Gefühl sehr, wenn das Pferd bei halsbrecherischer Geschwindigkeit über eine weite Fläche flog. Es verstärkte das Gefühl von Freiheit und der Nervenkitzel tat sein Übriges. Aber während Gavotte den Rest des Tages nach der körperlichen Arbeit ausgeglichen und zufrieden mit ihren Artgenossen auf der Wiese verbringen konnte, hatte Arrow im Anschluss leider immer noch zu viel Zeit zum Nachdenken gehabt.
Und deshalb hatte er an seinen Ausflug aus der Stadt hinaus den Besuch in der Bibliothek direkt noch drangehängt. Anans Bibliothek war wie die Stadt selbst recht groß – aber auch gut sortiert, sodass es nicht lange gedauert hatte, bis er mit Unterstützung eines alten Bibliothekars in der richtigen Abteilung gelandet war. Leider hatte sich ebenso bald herausgestellt, dass er nicht fündig werden würde. Im Grunde war er auch nicht davon ausgegangen, denn wenn schon Brianna keine weiteren Informationen gefunden hatte, die doch schon recht viel über das Windamulett zu wissen schien, wieso sollte er von einem einzigen Besuch in einer Bibliothek schlauer werden? Blieb noch der Lufttempel. Vielleicht hatten die Mönche eine Idee. Aber das würde eine größere Aktion werden.
Den restlichen Nachmittag hatte er also seine Gedanken immerhin schon mal auf etwas Bestimmtes richten können. Etwas Wichtiges, um das er sich kümmern musste. Und auch, wenn es um das Amulett ging, welches die eine Hälfte der ganzen Scheiße in seinem Leben darstellte, mit der er sich aktuell psychisch herumschlagen musste, half ihm die Suche nach Büchern und in Texten beim Fokussieren. Dabei, mit den Gedanken nicht in Richtungen abzuschweifen, die ihn rastlos und unruhig machten. Mit denen Entscheidungen verbunden waren… Es hatte funktioniert - genau so lange, bis er wieder zu Hause war und nichts mehr ihn ablenkte.
Zwei in etwa gleichstarke Impulse rangen seit er aus diesem Traum erwacht war in seinem Inneren miteinander. Und beide waren sehr hartnäckig.
Die eine Hälfte hatte am Morgen und dank der Emotionen, die der Traum ausgelöst hatte, noch die Oberhand gehabt und ihn dazu veranlasst, die Sachen für eine Reise nach Shushnar zusammenzupacken, anschließend einzukaufen und danach bei Gordon aufzuschlagen, um ihn um zwei Wochen Urlaub zu bitten. Der Mann hatte ihn wenig begeistert beäugt und ihn gefragt, was eigentlich nicht mit ihm stimmte, dass er an einem Wochenende sein Haus aufsuchte, um ihn nach sehr spontanem Urlaub zu fragen… Aber immerhin hatte er den Urlaub auch bekommen. Wahrscheinlich war es reinstes Wunschdenken, zu glauben, dass Gordon nicht aufgefallen war, wie schlechtgelaunt er in den letzten Tagen gewesen war und wie dünn und dunkel die Haut unter seinen Augen mittlerweile wirkte. Ihm war einfach anzumerken, wie gestresst er war – egal, wie gut er es zu verbergen versuchte.
Der andere Impuls hatte sich im Laufe des Tages wieder zurück an die Spitze gekämpft und war seitdem mit aller Macht damit beschäftigt, Reue, Vermissen und Wunsch vom Treppchen zu stoßen. Dieser Impuls selbst nannte sich Vernunft. Und bediente sich an seinen Prinzipien und hielt Händchen mit seiner Verunsicherung. Und der Angst vor Ablehnung. All das war mittlerweile zurückgekehrt und ließ ihn seine Entscheidung, nach Lishu zu reisen, infrage stellen.
Er wusste nicht, was er tun sollte.
Er saß mit vom Duschen noch feuchten Haaren und mit einer bequemen dunklen Hose und einer hellgrauen Haori bekleidet, die ihm offen über die Schultern hing, vor dem Tisch im Wohnraum auf dem Boden. Mit einem Handtuch, das ihm um den Hals lag, wischte er sich ein paar Wassertropfen aus dem Genick, fuhr sich anschließend mit der Hand über das Gesicht und betrachtete den auf silbrig eingefärbtem Seidenpapier liegenden, ordentlich gefalteten Stoff abwesend.
Dämlich.
Dass draußen vor der Wohnungstür irgendetwas vor sich ging, bemerkte er nicht, obwohl sein Blick einmal zu den Fenstern Richtung Gang hinüberhuschte, weil er vermutlich unbewusst irgendetwas gehört hatte, aber selbst nicht aktiv merkte, dass seine Aufmerksamkeit kurz dorthin glitt.
Er stieß die Luft durch den Mund aus und merkte dabei, dass die Muskulatur auf Höhe der Magengrube schon wieder völlig unentspannt war. Dann schlug er das Papier um den Stoff, griff nach der Kordel aus Pflanzenfasern, die daneben lag, und verschnürte das kleine Paket, bis es hübsch ordentlich auf dem Tisch lag und ganz wie ein Geschenk aussah. Er beäugte sein Werk mit verhärteten Gesichtszügen und stand im Anschluss wieder auf, weil er das Handtuch zurück ins Bad bringen wollte.
So weit kam er jedoch nicht, denn es klopfte unvermittelt an der Tür. Arrow hielt inne und blickte hinüber. Er erwartete niemanden. Grundsätzlich erwartete er nie irgendjemanden, und wenn doch mal wer vor der Tür stand, war es entweder der Nachbar, der zu viel Essen gekocht hatte oder dem eine Zutat fehlte, der Vermieter oder… Es konnte auch Kirin sein, die ihn dazu überreden wollte, mit etwas trinken zu gehen. Diese Absicht hatte er wieder verworfen. Vor allem, wenn er am nächsten Tag doch aufbrechen wollte, konnte er einen Kater nicht gebrauchen. Aber vielleicht…
Nein, Kirin hätte schon so etwas wie "Arrow, beweg deinen Arsch endlich zur Tür“ oder "mach auf, Kagawa, ich weiß, dass du da bist!" gerufen.
Er schlang sich das Handtuch wieder um den Hals, sodass es diesmal auch seine Kehle und somit die Narbe bedeckte. Ihm war gerade nicht nach einer anderen Person, nur gab es auch keinen echten Grund für ihn, nicht zu öffnen.
Die Haori band er locker zusammen, sodass wenigstens der Bauch verdeckt war. Wenn er gewusst hätte, wer vor der Tür stand, hätte er das Kleidungsstück enger gewickelt. Und wenn die Situation nicht so beschissen gewesen wäre, wäre es fast lustig gewesen, dass es neben dem Bauch seine Brust nur halb bedeckte und sie ansonsten bis zum Solarplexus hinunter frei lag. Als legte er es darauf an, ihr möglichst oft seine nackte Haut unter die Nase zu halten. Dagegen sprachen die feuchten Haare, das Handtuch und die Hose, die gemeinsam mit der Haori verriet, dass er sich nach dem Duschen etwas Bequemes angezogen hatte, weil er eh bald schlafen ging. Oder sich wenigstens hinlegen würde. Das Amulett lag auf dem Tisch. Und hätte er es um den Hals getragen, hätte er es vor dem Türöffnen abgelegt, denn er wollte kein Risiko eingehen. Außerdem war es einfach kein Schmuckstück, das ein Mann tragen würde. Schon gar nicht zu Hause und im Morgenmantelverschnitt.
Und so öffnete er die Tür.
Sein Herz wusste, was los war, bevor seine Augen die Information, dass Nora davorstand, bis zu seinem Hirn weitergeleitet hatten. Es hämmerte los und ihm stockte der Atem. Einen Moment lang zeigte sich echte Überraschung auf seinem Gesicht. Seine Augen weiteten sich und es war deutlich zu sehen, wie ihm die Gesichtszüge entgleisten und sein Körper erstarrte.
Für den ihn umgebenden Luftzug galt das nicht, denn den steuerten in diesen Situationen seine Gefühle, weshalb er unruhig aufbrauste und an seinen Ärmeln zerrte. Die Katze, die der jungen Frau vor der Tür eben noch um die Beine gestrichen war, flüchtete ängstlich in eine Ecke der Galerie am Ende des Ganges hinüber.
Es konnten gut und gerne zehn oder zwanzig Sekunden vergehen, in denen sich überhaupt nichts an ihm tat. Er atmete nicht und er blinzelte nicht. Erst dann bewegte sich sein Kehlkopf, weil er schluckte, wenn auch unsichtbar unter dem Handtuch, seine Lider zuckten, bevor der Lidschlag endlich folgte, und seine Lippen lösten sich leicht voneinander, als würde er zum Sprechen ansetzen. Allerdings kam nicht sofort etwas Gesagtes. Stattdessen huschte sein Blick zur Seite weg, zurück in das Gesicht der Frau, schräg nach unten, bevor er sie wieder ansah.
Wut oder Ablehnung waren in seinen Augen nicht zu erkennen.
"Was tust du hier?"
Und auch nicht in seiner Stimme zu hören, die belegt und etwas spröde klang, als er sie schließlich wiedergefunden hatte. Ein anderer Unterton lag darin, der vielleicht an so etwas wie … Panik oder Verzweiflung erinnern könnte, auch wenn beides nicht ganz das war, was er empfand; er war schlichtweg überfordert und bis auf den wiedereinsetzenden raschen Atem auch nicht dazu in der Lage, irgendetwas zu tun. Wahrscheinlich war das der einzige Grund, warum er Nora nicht aus einer Kurzschlussreaktion heraus schon längst die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte.



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9Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Fr Feb 10, 2023 5:07 pm

Nora

Nora

Verdammt, ich wusste ja gar nicht, dass ich so aufgeregt sein konnte wie ein Teenie. Es war schon Jahre her, dass mich der Gedanke an Jemanden solch viele verschiedene Gefühle empfinden ließ. Ich kam mir vor, als hätte ich ein Verbrechen ausgeübt und ich stünde gerade eben vor meinem Opfer. "Arrow das Opfer? Na klar, wo denkst denn du hin??!!", dachte ich immer noch stinksauer auf den jungen Mann.
Ich blickte zur Katze, die sich um meine Beine schlängelte und sah ihr nach, als sie aufgrund des Geräusches der Tür verschwand. Beinahe wäre ich ihr nachgelaufen, doch mein Kopf wehrte sich und sendete keine derartige Befehle aus. Ich hielt inne, da ich mich erst gar nicht traute mich umzudrehen. Was, wenn da gar nicht Arrow in der Tür stand? Dann wäre ich durch und durch erleichtert, dem Konflikt nicht heute gegenüberstehen zu müssen. Was, wenn er doch dort stand? Wie stellte ich mir seinen Gesichtsausdruck vor? Wütend? Perplex? Verärgert und überrascht zugleich? Sowas in die Richtung. Jedoch wusste ich, wie schwer es war Emotionen von seinem Gesicht ablesen zu müssen. Schlussendlich siegte meine Neugier, sie ließ mich nicht in Ruhe, weswegen ich nur sehr langsam meinen Körper wieder zurück zur Haustür drehte, an der ich zuvor noch geklopft hatte. Sie stand offen, sodass ich erkennen konnte, dass mir tatsächlich Arrow gegenüber stand. Ich brachte keinen Muckser mehr hervor und schluckte schwer bei dem Anblick, den er mir bot. Leicht bekleidet mit tiefen Ausschnitt präsentierte er mir, wie er seinen Feierabend genoss. Zudem hatte er feuchtes, anliegendes Haar. Hatte er sich gewaschen oder war er verschwitzt? Alsbald ich realisierte, wie intensiv ich ihn anstarrte, blickte ich ertappt auf den Boden um zu verhindern, dass mir die Röte ins Gesicht schoss. Es war mir unangenehm so unangekündigt vor seiner Haustür zu stehen. Doch was blieb mir anderes übrig?
Mir fiel auf, sie seine lockere Kleidung durch Luftzüge in Bewegung blieb. Etwas, was ich nicht verstand, war das Handtuch um seinen Hals. Wieso deckte er das, aber seinen nackten Oberkörper nicht, ab? Das Atmen fiel mir schwerer, als ich ihn wieder ansah, nachdem er endlich das Wort ergriffen hatte. Es fiel ihm schwer. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl ihn dabei erwischt zu haben, wie er seine Gesichtszüge nicht mehr unter Kontrolle hatte und mir deutlich seine Überraschung und Verunsicherung Kund tat.
Seine Begrüßung fiel jedoch eher mager aus. "Schön auch dich wiederzusehen...", murmelte ich und erhoffte mir, dass das alles nur ein böser Traum war. Mein Blick markierte seine hellbraunen Augen, die mich ebenfalls musterten. "Beruhig dich", meinte ich etwas gelassener und versuchte das auch zu mir selber zu sagen, als ich auf seine Haori blickte, die im Wind tänzelte.
Ich linste in den Raum hinein. Doch konnte ich nicht viel erkennen. "Stör ich gerade?" Ich hätte es wissen müssen - er hat eine Frau und womöglich heirateten sie auch schon bald. Das war aber doch auch etwas Erfreuliches, so musste ich nicht extra ein weiteres Mal anreisen um den Reis zu werfen. "Den werde ich aber davor kochen", dachte ich mir - da war ich mir sicher!!! "Verdammt, als ob der dich auf seine Hochzeit einlädt!"
"Ich... ich stör dich auch nicht lange...", meinte ich etwas leiser, beinahe flüsternd als ich erneut in sein Gesicht blickte, verunsichert jedoch immer wieder auswich, da ich es eindeutig nicht aushielt, seinem Augenkontakt standzuhalten. Nervös knetete ich mir meine Hände und Finger, darauf wartend, dass irgendetwas geschah. Nach einem kurzen 'Verschwinde', würde ich auch abhauen. Ich könnte behaupten, es wenigstens versucht zu haben und dies auch so ohne schlechtem Gewissen Brianna so mitteilen.

10Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Fr Feb 10, 2023 7:56 pm

Arrow

Arrow

Wahrscheinlich war "überfordert" der passendste Ausdruck, um Arrows Geisteszustand zu beschreiben. Die Information, dass Nora vor der Tür stand, war immer noch dabei, von seinem Hirn verarbeitet zu werden, das sie im Augenblick jedoch nur von a nach b schob und nicht so recht wusste, wie sie zu bewerten war. Tatsächlich war ihm bisher nicht ein einziges Mal der Gedanke gekommen, dass Brianna und Nora ohne ihn einzuweihen abgesprochen haben könnten, einander auf dem Laufenden zu halten – und dass Brianna so dreist sein und Nora einfach seinen Aufenthaltsort stecken würde. Diese Möglichkeit hatte in seinem Kopf nicht existiert, weshalb er zusätzliche Startschwierigkeiten hatte, da es keine logische Erklärung dafür gab, weshalb Nora vor der Tür stand. Wie das überhaupt möglich sein sollte.
Das alles machte für ihn gerade absolut keinen Sinn. Es war schlicht unmöglich, dass Nora hier war.
Trotzdem stand sie da.
Sein Herz schlug immer noch so fest und schnell in seiner Brust, als hätte er gerade ohne Aufwärmen einen weiten Sprint hinter sich. Außerdem löste die Erscheinung vor der Tür diverse weitere Gefühle aus, noch neben der aufkommenden Panik und der Überforderung. Keins davon fühlte sich gerade gut an. Wie sollte das auch gehen, wenn das so fest schlagende Herz gleichzeitig ein festgezogener Knoten war? Genauso wie der Magen. Er war so aufgeregt, dass ihm gerade … dezent übel war. Er war so abgelenkt und überfordert mit dem, was er sah, dass Noras Worte durch das Rauschen nicht gleich hindurchdrangen.
Gerade war sie eindeutig die Coolere von ihnen beiden, auch wenn sie sich sicher beide nicht besonders ruhig und besonnen fühlten. Immerhin hatte sie Zeit, sich einzureden, dass er bald heiraten würde, und den Gedanken zu fassen, dass es unangemessen war, in welchem Aufzug er die Tür öffnete. Während er sich nicht nur einfach etwas Bequemes angezogen und sich nicht die Mühe gemacht hatte, das Oberteil prüde und sittsam festzuzurren, sondern noch immer an der Frage hing, warum zur Hölle Nora hier war.
"Beruhig dich."
Zwar kam diese Aufforderung deutlich verzögert an, doch tatsächlich ebbte der aufgeregte Windzug etwas ab.
Nachdem er es geschafft hatte, sie zu fragen, was sie hier machte, und weil sie selbst seinem Blick auswich, fiel es ihm leichter, wieder in ihr Gesicht zu sehen. Er hatte keine Sekunde lang vergessen, wie es aussah, und trotzdem...
Er antwortete nicht, als sie fragte, ob sie gerade störte. Und er rührte sich auch nicht sofort. Dabei befahl ein Teil von ihm ihm schon seit mehreren Sekunden, die Tür zu schließen. Sie einfach wieder zuzumachen. Die Frau und all das, was sie mitbrachte, einfach auszusperren, als wäre es die Lösung aller Probleme. Aber er tat es nicht. Wahrscheinlich konnte er es gar nicht, und die Tatsache, dass er noch ein paar Sekunden länger sich gar nicht bewegte, war ein Sichtbarwerden des inneren Konfliktes in ihm, ob er den Mut hatte, dem Wunsch nachzugeben, Nora in Lishu aufzusuchen, oder ob seine Angst zu groß war, was es bedeuten würde, wenn er sie weiter in sein Leben ließ.
Jetzt war Nora hier, und auch, wenn er das immer noch nicht ganz begriffen hatte - oder vielleicht auch gerade deshalb -, trat er schließlich auf dem Holzboden zwei Schritte zurück und gab die Türschwelle frei, damit sie hereinkommen konnte. Es schien ihm insgesamt dabei zu helfen, die Steuerung über seinen Körper und auch die Gedanken wieder mehr in seine Gewalt zu bringen, denn als sie an ihm vorbeigegangen war, machte er anstandslos die Tür zu. Kurz blieb er mit dem Rücken zum Raum davor stehen, löste das Band der Haori und legte die Säume vor der Brust fast bis oben zur Kehlgrube übereinander, um sie dann erneut zuzubinden.
In der Wohnung war es ruhig und aufgeräumt. Es knisterte und knackte dann und wann leise im Ofen, in dem das Feuer noch nicht ganz heruntergebrannt war. Ein Leuchtstein lag auf dem Schreibtisch. Auf dem Wohnzimmertisch brannten zwei Kerzen. Von einer anderen Person nichts zu sehen, nichts zu hören und auch nichts zu riechen. Er war alleine. Gewesen, bis Nora hereingekommen war.
Er atmete einmal langsam durch, um wenigstens die Atmung wieder in den Griff zu kriegen, wenn es schon mit dem Herzen nicht klappte, und wandte sich zu ihr um. Sie war wirklich...
"Warum bist du hier?", fragte er endlich, erneut, nur mit anderen Worten. Diesmal klang seine Stimme etwas hohl, als hätte er vergessen, wie man sie richtig benutzte. Der Windzug wirbelte immer noch etwas stärker als er sollte um ihn und glitt auch durch die feuchten Haarsträhnen. Arrow hob die Hand und zog, ohne den Blick von Nora abzuwenden, das Handtuch vom Hals herunter. Nur kurz glitt er an ihr vorbei zum Tisch, auf dem der in silbernes Seidenpapier eingeschnürte Stoff lag. Und das Amulett.



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11Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Sa Feb 11, 2023 9:15 am

Nora

Nora

Da stand ich nun. Völlig ausgeliefert und angreifbar. Es war, als stünde ich vor dem Löwen und dieser starrte mich nur an als mich zu fressen.
Mein Herz pochte angestrengt und hämmerte wie wild. Es lief Gefahr sus meinem Brustkorb zu springen. Doch der Anblick beruhigte ungewöhnlicherweise auch ein wenig, da ich tief im inneren mich nach seiner Anwesenheit gesehnt hatte. Leider war es ersichtlich, dass er sich nicht wirklich freute. Er war mehr als überfordert mit mir vor seiner Tür stehend. Verständlich. Ich hatte ja genügend Zeit gehabt, mich mit dem Gedanken auseinanderzusetzen. Er wurde damit einfach überrumpelt. "Also hat Brianna nicht weiter mit ihm über mich geredet...", stellte ich fest und seufzte gedanklich.
Wenigstens konnte ich mir sicher sein, dass er mich in diesem Zustand hörte, denn der Luftzug beruhigte sich tatsächlich ein wenig. Der junge Mann konnte sich glücklich schätzen, dass er der Überlegung einfach die Tür zuzuknallen nicht nachging. Dann hätte er einen tosenden Sturm erweckt. Einen tosenden, wütenden und äußerst verzweifelten Sturm, der so schnell nachgelassen hätte, dass man ihn nicht ernst genommen hätte. Doch dazu kam es nicht. Er stand einfach da, brachte kein Wort mehr heraus und ließ mich schlichtweg stehen. "Es war ein Fehler", dachte ich verzweifelt. "Es war ein Fehler hier aufzutauchen." WARUM hatte ich mich von Brianna dazu verleiten lassen?
Das Atmen mit zugeschnürten Lungen fiel mir schwerer und schwerer, weswegen ich die Lippen geöffnet hielt, als ob es dadurch einfacher werden würde. Leider half es nicht wirklich. Erst als er zur Seite trat, blickte ich ihn überrascht an. Das hatte ich nach seinem langen Zögern eindeutig nicht erwartet. Mein Blick fiel kurz zur Katze, welche weiter weg von uns saß und uns beobachtete, während sie beim Ablecken ihrer Pfote inne hielt. Kurz zögerte auch ich, ehe ich langsam eintrat ohne ihn anzusehen. Mein Blick war zuerst auf den Boden gerichtet, da ich Angst hatte. Ich blieb unweit von der Haustür stehen und schaffte es nicht, meine Neugierde einzudämmen. Nur desshalb hob ich meinen Kopf und schaute mich so gering wie möglich um. Ein wenig war es so, wie ich es erwartet hätte. Aufgeräumt. Wie hätte es auch anders sein sollen. Ein kurzer Moment des Schams kam auf, da es bei uns Zuhause viel voller und besonders in meinem Zimmer manchmal sehr unaufgeräumt war. Es war angenehm warm, sodass mir die Temperatur bald auf den Wangen anzusehen sein wird, wenn ich den Umhang nicht bald öffnete. Die Wohnung war spärlich ausgerichtet. Es gab nur einen Schreibtisch, ein Sofa und einen viiiiiiiel zu tiefen Esstisch, den ich skeptisch musterte. Eine Küche gehörte ebenso zur Ausstattung sowie zwei weitere Räume. In einen könnte ich hineinblicken. Vermutlich das Schlafzimmer, doch viel konnte ich nicht dabei erkennen. Dekorationsgegenstände suchte man hier vergeblich. Mein Blick blieb bei dem Instrument hängen, als würde es mich hypnotisieren. Da bemerkte ich, dass es schon zu lange zu leise gewesen war. Als Arrow erneut die merkwürdige Stimme erhob um mich etwas zu fragen, drehte ich mich nicht zu ihm um. Vielleicht half es, wenn er mich nicht direkt ansehen musste. Ich blickte lediglich auf meine verschwitzten Hände, die ich knetete. "Weil ich dich..." "Informationsaustausch", unterbrach ich Recht distanziert den Gedanken und blickte zum herumliegenden Amulett. Es war da, immer noch. Lag einfach da, neben diesem Paketchen. Um herauszufinden, wie ich an seine Adresse kam, stellte er mir einfach die falschen Fragen. Doch er war irritiert und überrascht, weswegen ich mich entschied, ihm dabei etwas auf die Sprünge zu helfen, ohne mich jedoch zu ihm umzudrehen. "Brianna hat mich zuhause besucht, das sollte einiges erklären. Oder?", erklärte ich total ohne weitere Emotionen - kein Lachen, Kichern und vorallem keine Verzweiflung. Reine Ehrlichkeit und Offenheit.
Okay. Gut. Nun war ich da. Stand mitten in seiner Wohnung und hatte es gemütlich warm. Was wollte ich nochmal? "Informationsaustausch", überlegte ich und seufze aus Versehen leise, und das nicht nur gedanklich. Und dennoch kamen mir Briannas andere Worte in den Sinn. "Er ist nicht sonderlich sozial begabt."
"Weißt du was von Takari? Hat er es noch nicht rausgefunden?", versuchte ich irgendwie an das Thema anzuknüpfen ohne es persönlich werden zu lassen. "Hattest du ... Probleme?" Mein Blick senkte sich wieder auf den Holzboden vor mir. Ich atmete immer noch schwer, doch ich war zuversichtlich. Ich schaffte das. Professionell wirken und nach dem Informationsaustausch wieder verschwinden. Das war wohl das Ziel, das ich versuchte zu erreichen.

12Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Sa Feb 11, 2023 10:01 am

Arrow

Arrow

Nora hatte sich nicht wieder zu ihm umgewandt, nachdem sie hereingekommen war, weshalb sein Blick an ihrem Hinterkopf hing. Als gäbe es dort etwas Spannendes zu sehen. Etwas, das ihm gleich sagen würde, dass er in eine Falle getappt war, kaum dass er sie in die Wohnung gelassen und auch noch selbst die Tür verschlossen hatte. Leider offenbarten sich ihre Gedanken und Absichten ihm nicht. Nur ihr langes, zusammengefasstes Haar war sichtbar und ihr Umhang, der ihren Körper verbarg.
Hätte sie ihn angesehen, hätte sie jetzt bei den Lichtverhältnissen und ohne die Überraschung auf seinem Gesicht sicher leicht feststellen können, dass es ihm nicht besonders gut ging. Die Haut unter den Augen wirkte durchscheinend. Ihm war anzusehen, dass irgendetwas nicht ganz stimmte. Aber sie wandte sich nicht um und konnte ihn deshalb genauso wenig ansehen, wie er sie. Sie sprach lieber in den Raum hinein. Er legte das Handtuch auf der Anrichte neben der Tür ab.
"Informationsaustausch." Dieses Wort wurde von ihm ähnlich spröde wiederholt wie die Frage zuvor ausgesprochen. Es war ihm diesmal nicht so recht anzusehen, doch dieses Wort allein versetzte ihm einen Stich genau in die Brust. Und gleichzeitig schien es Erleichterung zu bringen. Damit sagte sie doch aus, dass sie ihn nicht anschreien und ihm sagen wollte, wie enttäuscht und verletzt sie war. Sondern dass sie nur ihn und er nur sie auf den neusten Stand bringen sollten.
Nur machte es das nicht besser, und das wusste er sofort.
Abgesehen davon hatte er nicht vor, mit ihr über das Amulett zu reden. Das Ding war der Grund, aus dem er das alles gemacht hatte. Er wollte Nora da raushalten.
Er presste die Zähne zusammen, als sie letztlich doch noch erklärte, warum es überhaupt möglich war, dass sie vor seiner Tür stand und anklopfte: Brianna war schuld. Und zum ersten Mal, seit er seine alte Sensei wiedergetroffen hatte, stieg wirklich so etwas wie Wut auf sie in ihm auf. Was fiel der eigentlich ein? Nach dem Gespräch hier sollte ja wohl klar gewesen sein, dass sie nicht zu Nora zu rennen hatte!
Der Luftzug in seinem Haar wurde wieder stärker.
"Es erklärt überhaupt nichts", erwiderte er, und auch in seiner Stimme schwang nun wieder eine Emotion mit, die man möglicherweise als so etwas wie Verbitterung interpretieren könnte. Er schluckte gegen die Trockenheit in seinem Mund. Immer noch stand er zwischen der Tür und Nora, die sich noch immer nicht zu ihm umgedreht hatte. Dass sie mit ihm sprechen wollte, ohne dies von Angesicht zu Angesicht tun, störte ihn aus irgendeinem Grund sehr und es besserte die Unruhe in seinem Inneren auch nicht. Auch ihre Nüchternheit war nicht angenehm und gleichzeitig erleichterte sie alles. Oder ermöglichte ihm überhaupt erst, mit ihr zu reden.
"Nein." Natürlich bedeutete das nicht, dass er gesprächig wurde oder sich überhaupt dazu gezwungen sah, ihr ausführlich zu antworten. Das war wohl auch nicht notwendig, denn alle drei ihrer Fragen ließen sich mit diesem einen Wort beantworten. Außerdem... "Ich bin mir sicher, Brianna hat dir schon alles gesagt, was du wissen willst."



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13Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Sa Feb 11, 2023 2:49 pm

Nora

Nora

Es fiel mir leichter mit ihm zu reden, wenn ich den Schwarz-und-Rothaarigen nicht direkt ansehen musste. Doch eine Dauerlösung war das bestimmt nicht. Ich konnte ihm nur kurzfristig aus dem Weg gehen, das war mir bewusst. Mit meinen Worten wollte ich klarstellen, dass es mir um die Sache ging und ich vernünftig wirken wollte. Es fiel mir schwer, doch versuchte ich nur seinen Gedanken in meinen zu lassen. "Bleib vernünftig, bilde dir nichts ein"
Dennoch irritierte es mich, wie er dieses eine Wort wiederholte, als hätte es einen tiefern Sinn. Wie gerne hätte ich mich an ihn geschmissen und ihn umarmt, doch dieses Empfinden unterdrückte ich mit viel Frust und Enttäuschung. Es fiel mir also nicht schwer, dieses Gefühl aufzugeben. Als er weiter sprach, konnte ich spüren, dass Arrow gerade nicht der kühle, unnahbare Kerl war, wie zu dem Zeitpunkt, als wir im Wald aufeinandertrafen. Viele Emotionen hingen in seinen Worten, was mich dazu veranlasste, langsam mich umzudrehen um ihn ansehen zu können. Ich war mir nicht sicher, wie viel man in meinem Gesicht ablesen konnte. Doch ein gewisses Maß an Enttäuschung und Angst konnte ich bestimmt nicht verbergen. Verunsichert hielt ich mir immer noch selber die Hand und drückte in regelmäßigen Abständen.
"Hast du herausgefunden, woher es usprünglich kam?", fragte ich mit unnatürlich ruhiger und leiser Stimme. Ich hätte ihn gerne so viel mehr gefragt, was interessanter für mich war. Doch ich wahrte die Professionalität über meinen Emotionen. Ich hätte nicht erwartet, dass mir dies gelang. "Wieso hast du mich angelogen?" war eine der Fragen, die ich aus meiner gemischten Gefühlen aus stellen wollte. Jedoch spürte ich, dass das Reisen nicht spurlos an mir vorbei ging - vorallem mit den Nächten zuvor, in denen ich wenig Ruhe gefunden hatte. Er hatte die Kleidung mehr zugezogen, das befürwortete ich sehr. Mein erschöpftes Seufzen war ein deutliches Zeichen für meine Müdigkeit, meine Augen blickten anschließend auf seine Füße. Es war mir aufgefallen, dass er nicht gut aussah. Sein Gesicht teilte an den markanten Stellen mit, dass er erschöpft war. Das war besorgniserregend. Ebenso, dass dieser leichte Luftzug sich erneut intensivierte. Vielleicht sollte ich lieber wieder gehen, bevor etwas passierte, was nicht rückgängig zu machen wäre. Mir pochte das Herz noch aufgeregter als zuvor.
"Ich ... sollte gehen", meinte ich zögernd und sah mich um. Es bangte mir, dass mein Auftreten ihn zu sehr aufwühlte. Er wollte mich nicht bei sich haben, das hatte er mir verdeutlicht und mit seiner drohenden Luftmagie wollte ich nicht herumspielen. Ich lief aufgewühlt mit stolpernden Füßen zurück zur Tür, blieb unmittelbar vor ihr stehen und war mir unsicher, ob ich einfach an Arrow vorbei kam. "Ich ... hätte gerne mit dir geredet...", meinte ich mit brüchiger Stimme und musste schwer schlucken, da sich meine Enttäuschung, Trauer und Verzweiflung wieder ankündigten. Ich schloss die Augen um nicht zu erkennen zu geben, dass sich darin viel Tränenflüssigkeit gebildet hatte. Indem ich tief durchatmete, kämpfte ich dagegen an. "Aber... Ich habe dich überrumpelt. Vielleicht... ist es... ein andern Mal besser" Es fiel mir schwer zu reden und immer wieder ballte ich meine Hände zu Fäusten, sodass ich meine Fingernägel in meine Handballen eindringen spürte. Es lenkte von meiner Angst ab. Ob ich wirklich ein andern Mal kommen würde? Ob wir uns wirklich ein andern Mal sehen würden? War er dann weg? War ich dann nicht mehr da? "Und sonst...", editierte ich noch und war nur mehr sehr leise, als ich hinzufügte: "...muss ich ohne dich klar kommen."
Ich schaute überall hin, nur nicht in seine Augen. Das schaffte ich einfach nicht in diesem Moment. Ich hatte mit meinen eigenen Gefühlen zu kämpfen und mir würde das alles nur noch viel schwieriger fallen, wenn ich auch noch erkennen würde, wie er sich dabei fühlte. Das machte die Sache nicht besser.

14Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Sa Feb 11, 2023 5:39 pm

Arrow

Arrow

Je länger Nora anwesend war, desto mehr sickerte die Information zu ihm durch, dass alles, was er ihr in Lishu getan hatte, umsonst gewesen war. Er hatte ihr verschwiegen, wo sie ihn in Anan finden konnte, damit sie nicht hierher kam und sich auch nicht weiter in die Angelegenheit mit dem Amulett einmischte. Aber seine Rechnung hatte Brianna mit einem dicken Rotstift fett durchkreuzt, und Nora hatte sie in dem Augenblick zerrissen, als sie an die Tür geklopft hatte. All das war umsonst gewesen. Er hatte sie umsonst belogen und er hatte sie völlig umsonst verletzt. Sich in den letzten Wochen ganz umsonst so scheiße gefühlt, immer wenn ihm das bewusst geworden war, und das war wirklich sehr oft gewesen. Natürlich wäre das auch alles mehr oder weniger umsonst gewesen, wenn er am nächsten Tag wirklich zum Luftschiffhafen aufgebrochen wäre, um nach Lishu zu reisen und sich bei ihr zu entschuldigen. Aber wenigstens hätte er dann immer noch die Möglichkeit gehabt, ihr weiterhin nicht zu sagen, wo er wohnte. Und nicht über das beschissene Amulett zu reden.
Jetzt war sie hier. Weil Brianna der Ansicht gewesen war, sie könnte Nora einfach etwas verraten, das er ihr absichtlich vorenthalten hatte, und Brianna hatte gewusst, dass er es mit Absicht getan hatte. Ganz sicher.
Das alles fuhr ihn gerade so ziemlich an die Wand.
Und dass Nora nun, unsicher zwar, aber so ruhig sagte, dass sie ihn kurz stören wollte, um "Informationsaustausch" zu betreiben, das fühlte sich ... einfach nicht gut an. Dass sie nur nach dem scheiß Amulettproblem fragte. Bevor er in der späten Nacht wachgeworden war und beschlossen hatte, dass er sie sehen wollte, hatte er sich einreden können, dass es gut war, wenn sie das alles gar nicht so mitnahm und sie einfach nur ihr Ding durchzog. Es hätte sein Gewissen erleichtert - es hätte auch wehgetan, weil er dann hätte einsehen müssen, dass er der einzige war, der damit kämpfte, aber es hätte ihn beruhigt. Zu wissen, dass sie ihr Leben weiterlebte und neutral und ruhig bleiben konnte. Aber jetzt gerade löste es überhaupt nichts Gutes aus. Und die Tatsache, dass er alleine schuld daran war, fraß sich durch seine Brust wie kalte Säure.
Nora hatte ihn mit Leichtigkeit an die Wand gespielt. Und er hatte sich genau zwischen Ja und Nein gesetzt, sodass er weder wütend auf sie sein und sie wegschicken konnte, weil sie so dreist war, einfach hierherzukommen, obwohl er das nicht gewollt hatte, noch sagen konnte, wie leid es ihm tat.
"Informationsaustausch."
Er verneinte ihre Frage nicht noch einmal, weil die Wut auf Brianna, die er verspürt hatte, schon wieder verpufft war, und Nora sich nun auch wieder zu ihm umgedreht hatte. Er schaffte es nicht, all die widerstreitenden Gefühle hinter einer Maske aus Gleichgültigkeit oder Abweisung zu verbergen, es ging einfach nicht. Er war aufgewühlt und kämpfte mit sich selbst. Es fiel ihm nicht mal wirklich auf, denn es gab so viele andere Baustellen, derer er Herr zu werden versuchte, dass sein Gesicht sich echt hinten anstellen musste.
Eine davon war schließlich auch noch die schlichte Tatsache, Nora wiederzusehen. Sie fehlte ihm, und jetzt war sie hier und ... auch wieder nicht. Er konnte sich nicht einmal darüber freuen, und auch das tat weh. Stattdessen hatte er eher das Gefühl, vor einer fremden Person zu stehen, die wie Nora aussah, aber sich überhaupt nicht wie sie anfühlte. So ruhig wie sie... -
Und kaum hatte er diesen Gedanken gefasst, tauchte sie plötzlich auf, indem sie beschloss, wieder zu gehen. Und dann zur Tür stolperte und dort mit unsicherer Stimme fortfuhr.
Arrow stand noch immer neben der Anrichte, die sich wirklich sehr unweit der Tür befand. Er beobachtete sie dabei, wie sie die Hände zu Fäusten ballte. Und sagte, dass sie vielleicht besser ein andermal wiederkam. Nachdem sie einfach mir nichts, dir nichts hier aufgetaucht war und alles völlig durcheinanderwarf. Nur, um zwei Minuten in allem rumzurühren und dann wieder abzuhauen.
Wie vor einigen Wochen... Als sie hereingeplatzt war und verkündet hatte, dass sie eigentlich gerne mitkommen würde, aber jetzt wäre ja Shiba verletzt und deshalb würde es wohl doch nichts. Tja, schade.

Nur hundertmal schlimmer.
Er streckte den Arm aus und legte die Hand an das Türblatt, sodass sein Arm sich sowohl zwischen Nora und dem Ausgang befand, als auch er verhindern würde, dass sie einfach die Tür aufriss und verschwand. Er hatte sie genau gehört.
"Wenn du reden willst, rede gefälligst." Seine Stimme bebte leicht und er sagte es nur leise. Aber dafür auch sehr deutlich.



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15Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Sa Feb 11, 2023 7:21 pm

Nora

Nora

Ich machte es nicht nur für Arrow schlimmer, sondern auch für mich. Wie eine tickende Zeitbombe wollte ich nur mehr verhindern, dass ein Gefühlschaos ausbrach. Ich wollte die Erschöpfung und den Fokus auf das Gesprächsthema 'Amulett' nutzen um so weit wie möglich damit zu kommen. Doch da hatte ich nicht mit der Sturheit des Iradas gerechnet. Ich wollte vernünftig bleiben. Ich wollte es so sehr.
Eine Antwort bekam ich von ihm nicht. Er reagierte nicht auf das, was ich gesagt hatte und ging auch nicht weiter darauf ein. Ich verstand die Welt nicht mehr, hätte ich doch vermutet, dass er darauf einstieg und froh darüber war, wenn ich einfach so tun konnte, als ob nichts weiter passiert war. Vernünftig sein - darin tat ich mir schwer. Doch gerade machte ich es gut, oder? Und dennoch funktionierte nichts so, wie ich es wollte.
Ich entschied mich zu gehen. Ich war so weit, es für heute ruhen zu lassen. Ob wir es ein anderes Mal wieder aufnahmen das Gespräch, das würde sich noch ergeben. Doch als Arrow sich mir in den Weg stellte, indem er den Arm ausstreckte, schreckte ich überrascht zusammen und trat einen Schritt zurück. Ich blickte ihn mit offenem Mund perplex an. Mein Brustkorb hob und senkte sich schneller, was man wohl nicht so gut unter dem Umhang erkennen konnte, als er verdeutlichte, was er forderte. Ich solle reden. Mein Mund öffnete sich mehrmals, doch aufgrund der Aufregung brachte ich kein Wort heraus, als ich in seine strengen Augen blickte. "Ich... ich...", stammelte ich und spürte, wie es in mir zu brodeln begann. "Ich rede doch!" Es klang bestimmender und überzeugter, obwohl ich wusste, dass ich aufbrausend wurde, wenn die Verunsicherung sich über mich ausbreitete. "DU redest doch nicht! DU bringst den Mund nicht auf und DU kooperierst nicht. Einen Monolog brauch ich nicht, den hatte ich schon oft genug!" Meine Hände ballten sich abwechselnd und schneller zu Fäusten, während ich schwer atmete und die Augenbrauen zusammenzog. "Du hast mich in Stich gelassen, mich bevormundet und mich angelogen.", meinte ich noch etwas ruhiger, jedoch wurde ich immer aufbrausender: "Also beantworte mir verdammt noch mal meine Fragen oder lass mich einfach ..." Für einen Moment schloss ich die Augen um mich zu fokussieren und meine Gefühle zu unterdrücken, ich atmete durch, ehe ich ganz ruhig und in seine braunen Augen blickend wieder sagte: "...gehen"
Ich spürte das Tosen in mir drinnen, denn jetzt ging es ganz offensichtlich nicht mehr um das Amulett.

16Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* So Feb 12, 2023 9:34 am

Arrow

Arrow

Hätte er die Situation von außen betrachten können, hätte er sich sicherlich gefragt, wie die ganze Sache denn hätte ablaufen sollen, wenn er derjenige gewesen wäre, der bei Nora aufschlug, um ihr alles zu erklären und sich bei ihr zu entschuldigen. Das hier war etwas völlig Anderes für ihn - und das hauptsächlich aus dem Grund, dass er nicht damit gerechnet hatte, mit allem immer noch vollkommen überfordert war und es einfach nicht schaffte, das Chaos an Empfindungen unter Kontrolle zu bringen. Den Strom an durcheinanderwirbelnden Gedanken ebenso wenig. Hinzukam, dass er sich am Ende ja noch nicht abschließend dafür entschieden hatte, aufzubrechen; jetzt hatte Nora ihm diese Entscheidung abgenommen und es fühlte sich ziemlich nach einer Ausrede an, ihr das alles zu sagen.
Allerdings war diese Möglichkeit aktuell aus irgendwelchen Gründen ohnehin verpufft. Vielleicht, weil sie damit "gedroht" hatte, nun wieder zu gehen, nachdem sie seine Ruhe genauso gründlich zerstört hatte, als wäre hier ein Okran durchgefegt. Und dieses ihr Verhalten erinnerte ihn nicht nur an eine andere Situation mit ihr, die ihn beschäftigt hatten und es offenbar auch noch immer taten, denn ansonsten hätte es wahrscheinlich in ihm noch nicht zu brodeln angefangen. Es war keine Wut, die in ihm aufstieg, als er Nora mit dem Arm den Ausweg versperrte. Es war irgendeine andere Empfindung, auch wenn er sie nicht hätte definieren können, denn sie fühlte sich ähnlich an wie Wut.
"Oh nein, Nora", erwiderte er fast sofort, als sie behauptete, dass sie diejenige sei, die redete. "Du bist hier reingekommen und hast sofort angefangen, mir Fragen zu stellen. Wenn du abends unangekündigt bei Leuten vorbeischaust und Informationen austauschen willst, rück selbst mit der Sprache raus, bevor du Forderungen stellst." Seine Hand drückte sich fester an die Tür und sein Körper war so angespannt, dass man es sehen konnte.
In der nächsten Sekunde war schon wieder vollkommen egal, wie ihre Redeerwartungen an ihn ihn aufbrachten, denn sie fühlte sich endlich dazu genötigt, etwas anzusprechen, von dem er im Grunde erwartet hatte, dass sie wutentbrannt und zutiefst verletzt vor der Tür stehen und ihn sofort deswegen anschreien würde, sobald er nur aufmachte. Das, wovor er am meisten Angst hatte. Das, was ihm selbst am meisten wehtat. Und doch war es noch etwas mehr anders, als erwartet. Sie konfrontierte ihn zwar damit, aber sie verlangte nicht, dass er etwas dazu sagte. Sie wollte nur, dass er ihre Fragen beantwortete.
Sie dachte, dass er sie im Stich gelassen und sie bevormundet hatte. Natürlich tat sie das. Wahrscheinlich war das nicht einmal subjektiv, sondern ein Fakt. Und während er daran festgehalten hatte, dass er sie schützen wollte und er sich deshalb dazu entschieden hatte, ihr nichts zu sagen, hatte sie beschlossen, dass es darum nicht mehr gehen würde, wenn sie hierher kam. Kein einziges Mal hatte sie in Lishu mit ihm über das Amulett sprechen wollen. Kein einziges Mal hatte sie danach gefragt. Jetzt war sie nur wegen dem Ding hier. Versuchte es zumindest, denn ganz ruhig war sie dann doch nicht mehr, auch wenn sie für ihr letztes Wort ihre Gefühle wieder unter Kontrolle brachte und ihn ansah.
Ihre Augen glänzten mehr, als sie sollten.
Es war ihr gutes Recht, sich nicht mehr damit befassen zu wollen.
Seine Hand rutschte langsam etwas an der Tür hinab, ohne dass er sie ganz sinken ließ. Noras Blick erwiderte er noch einen Moment lang, wobei zu beobachten war, wie die "Wut" zu Verbitterung wurde. Überhaupt war ihm immer noch anzusehen, dass das alles hier tiefe Spuren hinterließ. "Das Amulett... Ich ... möchte nicht, dass du etwas damit zu tun hast", sagte er schließlich und sein Blick senkte sich dabei seitlich an ihr vorbei. "Du hast damals nicht mehr mit mir darüber gesprochen und ich will nicht, dass dir etwas passiert. Deshalb... Das... Ich will das einfach nicht."



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17Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* So Feb 12, 2023 4:15 pm

Nora

Nora

Alsbald ich meinen Frust auch nur zum Teil losgelassen hatte, konterte der junge Mann mir gegenüber sogleich und ließ mich etwas perplex wirken. Das war ich auch. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er mir so kam und alles wieder zurück zu mir schob. Ich ballte beide Hände fest zu Fäusten zusammen, als ich mir das anhören musste, wie ich nun die Schuldige war. "Ach - ich wusste gar nicht, dass man nicht reden muss um Fragen zu stellen! Oh, entschuldige!", meinte ich übertrieben und warf die Hände in die Luft, blickte ihn mit großen Augen an und spürte, wie ich meine restliche Energie noch zusammenkehren konnte um sie zu verpulvern. Genauso angespannt wie er gerade sichtlich war, so angespannt war ich ebenfalls mit meinem Oberkörper, da ich die Arme wieder links und rechts an meinem Körper hatte und immer noch meine Hände verkrampfte. Ich knirschte beinahe mit den Zähnen und war froh, dass Shiba nicht hier war. Er würde mein Gefühlschaos missinterpretieren und es könnten Dinge geschehen, die nicht mehr rückgängig zu machen waren. Aber vielleicht hätte ich mich dadurch etwas unter Kontrolle. Ich vermisste ihn wirklich sehr, besonders in solchen schwierigen Situationen, bei denen ich mich sehr alleingelassen fühlte.
Vernünftig sein - ich versuchte es. Aber es half nichts mehr. Es war ohnehin schon alles verloren, so sollte ich mich schlichtweg um das Wesentliche konzentrieren, nichts weiter. Ich schloss die Augen, atmete tief durch und versuchte mich ein wenig zu entspannen. Irgendetwas war mit ihm anders. Er verhielt sich völlig explosiv und angespannt, genauso wie ich es war. Jedoch war ich mir nicht sicher, ob er wütend war auf mich oder einfach nur überrascht, da ich plötzlich vor seiner Haustür stand. Ich hätte ihm einen Brief schreiben können. Doch dann war da immer noch die Verunsicherung, ob er zu dem Zeitpunkt nicht einfach versuchte weg zu sein. Er wollte nicht, dass ich zu ihm komme - und doch tat ich es. "Ich glaube, ich verstehe es", überlegte ich, denn ich tat etwas, was er nicht mochte. Doch das selbe galt auch umgekehrt. Ich mochte nicht bevormundet werden und dennoch hat er es gemacht. Wir waren quitt. Oder?
Ich beobachtete seine Hand, wie sie ein Stück nach unten rutschte, als wäre er sich sicher, dass ich nun nicht sogleich den Türgriff in die Hand nahm um abzuhauen. Ich lauschte seinen Worten und hielt meinen Blick in sein Gesicht gerichtet um zu erkennen, wie ernst er das meinte. Seine Worte waren wie ein Stich ins Herz, da er dies so ehrlich aussprach, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Noch nie hatte er Schwierigkeiten damit gehabt die richtigen Worte zu finden, doch jetzt war es spürbar, dass auch er große Verunsicherung in sich trug. Ich brauchte einen Moment um zu realisieren, was soeben passiert war. Es war einen Augenblick lang ruhig, ehe ich leise die Stimme erhob: "Dafür ist es zu spät" Mein Blick fokussierte immer noch sein Gesicht und mein Körper begann an zu beben, als wäre mir eisig kalt. "Dafür war es schon mehrere Jahre bevor ich dich getroffen hatte zu spät", erklärte ich und schlug meine Arme um meinen Körper. Mir war richtig warm in diesem Umhang, dennoch zitterte ich. Ich versuchte alles zu ordnen und realisierte, dass man meine Aussage auch rasch falsch interpretieren konnte.
"Aber- ... aber ich... das Treffen...also... Ich hab dich nicht... wegen dem Amulett!" "Verdammt, ich rede Müll!" In mir stieg die Hektik auf, da ich ihm erklären wollte, dass ich ihn nicht aufgrund des Amuletts aufgesucht hatte. "Es war Zufall! Reiner Zufall, dass ich dich getroffen habe... Im Wald - ich hab dich nicht verfolgt oder so!" Ob er dieses Gestammle verstand? Wie auch immer - er konnte ruhig böse auf mich sein, sofern ich die gewünschten Informationen bekam und mich rechtzeitig von ihm distanzieren konnte, war alles gut.
Bereute ich es, dass ich ihn getroffen hatte? Nein, auf keinen Fall. Ich bereute nur, dass ich so naiv und leichtgläubig war und mich auf etwas eingelassen hatte, was wohl nicht richtig war.
So stand ich relativ verloren im Raum herum. Mir war warm und dennoch zitterte ich. Ich war erschöpft und mein Gepäck war schwer. Dennoch versuchte ich fokussiert in das Gesicht des Iradas zu blicken. "Es waren die Waldgeister, die mich zu dir geführt haben. Du entscheidest nicht über das Schicksal, Arrow."

18Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* So Feb 12, 2023 4:59 pm

Arrow

Arrow

Er schnaubte nur und gab auf Noras Erwiderung nicht noch einmal etwas zurück. Ihre Haarspalterei konnte sie sein lassen, sie wusste ganz genau, was er mit seinen Worten gemeint hatte.
Es spielte ohnehin keine Rolle, denn das was sie im Anschluss ihm an den Kopf geworfen und klargestellt hatte, war der springende Punkt. Nicht ihr scheiß "ich rede doch". Es kostete ihn große Überwindung, darauf zu reagieren und das zu sagen, was er soeben ausgesprochen hatte. Bisher hatte er auch in Lishu nicht laut ausgesprochen, dass er Nora nicht weiter mit dem Amulett behelligen wollte, weil es gefährlich zu sein schien, da mit drinzustecken. Sie hatte selbst gesagt, dass sie sich Sorgen um die Sicherheit ihres Dorfes und ihrer Familie machte, und er mochte sie und wollte nicht der Grund sein, weshalb ihr oder denjenigen, die ihr wichtig waren, vielleicht etwas zustieß, wenn sie sich weiter mit ihm abgab. Und jetzt, wo er es ausgesprochen hatte, schien sie die Nachricht dahinter entweder nicht zu verstehen, oder sie war ihr nicht weiter wichtig oder sie zu aufgebracht, um sie wahrzunehmen.
Und das machte es nicht besser. Dass sie sich stattdessen nur an dem verfickten Amulett aufhängte und behauptete, dass es schon vor Jahren dafür zu spät gewesen sei, sie ... da mit hineinzuziehen. Er konnte ihr wirres Gerede nicht ganz nachvollziehen. Er konnte sehen, dass sie zitterte, aber da sie nun selbst aufgebracht oder wütend klang und angespannt war, ging er davon aus, dass einfach ihr Muskeltonus schuld daran war.
Er presste die Zähne aufeinander und der Luftzug um ihn herum brachte immer noch die Ärmel der Haori und einige seiner Haarsträhnen in Bewegung.
"War es nun Zufall, dass du mich getroffen hast, oder waren es die Waldgeister?", fragte er mit verbittertem Unterton in der Stimme, die mittlerweile rau klang, weil er nur flach in die Brust atmete und ein leichtes Brennen im Hals verspürte. "Haben sie dich zu mir geführt oder zum Amulett?" Sie bebte dabei nun auch wieder leicht und er konnte einfach nicht verhindern, dass dieses Gefühl, das er verspürte auch an seinen Augen abzulesen war, als er diese wieder auf Nora richtete. Ohne den Blick abzuwenden, wies er mit der Hand, die nicht am Türblatt ruhte, zum Tisch hinüber. "Dieses verfickte Ding hat mich und dich fast den Hals gekostet. Ich habe es nach Cern bringen sollen. Meine Magie hat es aktiviert. An mir hängt es dran. Und es ist meine Entscheidung, ob ich zulassen will, dass sich jemand wegen mir in Gefahr begibt. Das bestimmt kein Gegenstand und kein Schicksal. Kein einziges Mal wolltest du noch etwas davon wissen, als ich bei dir war. Du warst diejenige, die sich Sorgen um alle anderen gemacht hat, Nora. Und jetzt... Jetzt..." Er stieß die Luft durch den Mund aus und sog sie auch durch diesen zitternd wieder ein. Zweimal, wobei seine Brust sich stark hob und senkte. Er versuchte, die Beherrschung zu bewahren, weil dieses Gefühl sich so tief in ihn hineingefressen hatte, dass es ihm die Lungenflügel und das Herz einzuschnüren schien.
"Jetzt bist du..." Er blinzelte und hielt die Augen kurz geschlossen. Als er fortfuhr, waren seine Worte fast stimmlos wie ein Flüstern. Seine Brauen schoben sich zweifelnd zusammen und steile Falten bildeten sich auf seiner Stirn. "Jetzt bist du nur wegen dem Amulett hier?"
Das verletzte ihn sehr. Es tat weh. Auch wenn er wusste, dass er kein Recht dazu hatte, Nora das vorzuwerfen, denn er war ja auch nicht besser gewesen. Aber es war so bitter, dass sie jetzt, wo alles schon gelaufen war, so einen großen Aufriss um das Scheißding machte und damals nie gefragt hatte ... wie es ihm ging... Was sie jetzt deswegen tun sollten. Ob er eine Idee hatte, was er unternehmen wollte, um mehr darüber herauszufinden. Ob sie ihm dabei helfen sollte. Womöglich hätte er ihr schon dann gesagt, dass er nicht wollte, dass sie ihm half. Vielleicht wäre dann alles anders gekommen.



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19Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* So Feb 12, 2023 7:28 pm

Nora

Nora

Glücklicherweise war Arrow klug genug diese sinnlose Auseinandersetzung zu beenden und nicht weiter darauf einzugehen. Dennoch spürte ich, wie es ihn aufwühlte und er damit rang sich zurückzuhalten. Doch erneut warf er mit sinnfreien Aussagen umher und wollte genau wissen, was es mit dem Zufall und den Waldgeistern zu tun hat. Seine Stimme klang merkwürdig, so wie schon die ganze Zeit über. "Das.. es..." Ich kam jedoch nicht dazu, etwas darauf zu erwidern, da ich ihn nicht hatte ausreden lassen. Seine anschließende Frage kam jedoch überraschender, als ich zugeben wollte. "Leg meine Worte auf die Goldwaage, das hilft JETZT BESTIMMT!" Ich bebte. Und innerlich toste ein Sturm. "Zu ihm oder dem Amulett?" Ich schob die Augenbrauen zusammen und öffnete den Mund um etwas zurückzumelden. Doch mir stockte der Atem bei dieser Überlegung. "Warum war ihm das eine Frage wert?!" Das war mehr etwas, was meinen Kopf überforderte. Ich hatte ihn nicht so eingeschätzt, dass er sich über so etwas Gedanken machte, weswegen mich die Antwort ebenso belastete. Vielleicht ging es nur um das Amulett - aktuell glaubte ich daran. Zu einer gewissen Zeit, hatte ich anders gedacht.
So entkam mir keine Antwort, da ich spürte, dass bei dem Irada noch etwas heraus wollte. Kurz zuckte ich zusammen, bei seiner Flucherei. Mein Blick folgte seiner Hand zum Amulett rüber, ehe ich wieder in sein Gesicht schaute und die Worte, die er aussprach ernst nahm. Das Atmen fiel mir immer noch schwer, wie nach einem Dauerlauf von dem man sich jedoch nicht mehr erholte. Ich realisierte, was ihn zu stören schien. Er war der Überzeugung, dass es sich bei meinem Besuch nur um das Amulett handelte. Verständlich - denn ich hatte nichts anderes behauptet. Mein Zittern intensivierte sich, als ich verstand, dass ihn das mehr beschäftigte, als ich erwartet hätte. Ich hatte keine Antwort für ihn, doch senkte ich den Blick abwesend auf seine Brust, ehe ich die Distanz verringerte, wenn auch etwas langsam. Meine Erschöpfung und Überforderung ließen mich egoistisch werden, indem ich meinen Kopf seitlich an seiner Brust ablegte und mich an ihn schmiegte. Ich brauchte jemanden, den ich drücken konnte. Doch noch mehr brauchte ich jemanden, der mich drückte. Ansonsten würde ich mich nicht beruhigen können. Ganz vorsichtig legte ich meine Hände an seinen Rücken und umarmte ihn nur sehr zurückhaltend, da ich mir unsicher war, wie er reagieren würde.
"Ich wollte nur wegen dem Amulett her", flüsterte ich und starrte in die Leere. "Aber so vernünftig bin ich nicht." Ein Teil von mir wünschte, dass er mich wegstieß. Dann könnte ich endgültig damit abschließen. Ein anderer Teil wollte sich beruhigen indem er die Arme um meinen Körper schließen würde und mich hielt. Käme nichts von dem Beiden, wäre es verzweifelnd und beklemmend.

20Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* So Feb 12, 2023 8:31 pm

Arrow

Arrow

Seine Lider zuckten, als Nora zurückpampte, aber er blinzelte nicht und wandte auch den Blick dabei nicht von ihr ab. Die Frage kam nicht aus reiner Rhetorik, auch wenn er damit sicherlich in einer Spitzfindigkeit herumbohrte. Er glaubte weder ans Schicksal, noch daran, dass die Waldgeister Nora heimlich auf Mission nach dem Amulett gesandt hatten. Für ihn war das alles Zufall. Was nicht bedeutete, dass nicht auch Noras Märchen über ihre Mission seinen Teil dazu beitrug, dass er sich gerade unglaublich... - Ja. Er fühlte sich dämlich. Er kam sich einfach dämlich vor.
Das alles hier hatte im Grunde überhaupt keinen Wert. Gar keinen. Alles war umsonst gewesen und gerade tat es ... eigentlich nur noch weh. Dabei sollte es das nicht, denn Nora war ihm nichts schuldig. Und deshalb fühlte er sich ... mal wieder ziemlich dämlich. Neben allem anderen. Es ging nicht vor und zurück, denn es würde auch nicht besser werden, wenn er sie anfuhr und so tat, als wäre er derjenige, der das gerade durfte. Aber dieses Gefühl war einfach zu stark, dass er nicht die Klappe halten konnte. Er konnte sich nicht mal stattdessen auf die Zunge beißen oder einfach selbst kommentarlos draußen verschwinden.
Es blieb still, nachdem er geendet hatte, wenn man das Geräusch seiner und ihrer Atemzüge nicht miteinrechnete und ignorierte, wie unpassend und surreal das gemütliche Knistern und Knacksen aus dem Ofen in der sonstigen Stille wirkte. Arrow ließ die Hand, die immer noch wie festgefroren zum Amulett gedeutet hatte, wieder sinken und versuchte dabei, seine Atmung ein wenig unter Kontrolle zu bekommen. Sein Herz schlug nach wie vor ziemlich fest, durch den Druck und das ätzende Ziehen im Brustkorb und im Magen tat das tatsächlich etwas weh, physisch.
Nora sagte nichts, aber sie rückte langsam etwas näher. Da er sowieso schon angespannt bis in den letzten Muskel war, war die einzige Alternative, diese Spannung noch zu verstärken, den Atem anzuhalten. Sein Herzschlag war so fest, dass er sofort überdeutlich im Hals und in der Brust zu spüren war. Auch für Nora war das sicher überhaupt keine Schwierigkeit, da sie den Kopf daran lehnte, noch dazu mit dem einen Ohr voran. Der Rest ihres Körpers lehnte sich mit leichtem Druck an ihn. Ihre Hände legten sich an seinen Rücken. Die Wärme ihrer Handflächen und die ihrer Wange drang mit Leichtigkeit durch den dünnen Stoff der Jacke direkt an die Haut. Ansonsten war nicht besonders viel davon zu spüren, denn sie trug ihren Umhang. Aber... Das spielte gerade sowieso nicht wirklich eine Rolle. Es war schon wie vor ein paar Wochen am Dorfrand bei der Blumenwiese, dass dieses so simple Geste so viel größere Folgen hatte. Nur war die Situation eine ganz andere und die Ambivalenz in ihren vorigen Worten und dem jetzigen Tun war so groß, dass...
Außerdem wich diesmal die Anspannung sofort aus seinem Körper, sichtbar am deutlichen Senken der Schultern und des Brustkorbs. Seine Hand rutschte langsam an der Tür herunter. Das Ziehen in der Brust war einen Moment lang so stark, dass er keine Luft holen konnte und das Brennen in den Augen so stark wurde, dass er es wegblinzeln musste. Er schluckte zweimal, aber die Empfindung wollte nicht nachlassen. Dabei war ihre Umarmung ganz vorsichtig.
Seine Hand hob sich wie von allein hoch zu ihrem Hinterkopf, die andere legte sich irgendwo seitlich mehr an ihr Reisegepäck, das etwas im Weg war, aber gegen das sie immerhin Nora leicht in seine Richtung drückte. Er strich ihr leicht über das Haar und amtete endlich weiter, stockend und flach. Den Mund hatte er geöffnet, aber es kam ein paar Sekunden lang kein Ton heraus. Er schaute auch nicht auf sie herunter, sondern schräg an ihrem Gepäck vorbei richtung Boden.
"'s schon okay...", sagte er schließlich ganz leise - wobei es jetzt wohl wirklich ein Flüstern war so wie bei ihr. "Ich versteh ... das..." Danach folgten zwei, drei unruhige und leicht bebende Atemzüge, weil er schon wieder kurz brauchte, um seine Atmung unter Kontrolle zu bringen. "Aber... Es tut ... mir weh."



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21Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Mo Feb 13, 2023 6:56 am

Nora

Nora

Ob Waldgeister oder nicht - das war eine Glaubensangelegenheit. Es lag auf der Hand, dass mein Gegenüber ganz bestimmt nicht an sowas glaubte. Aber mich und meinen Glauben sollte er nicht in Frage stellen oder ins Lächerliche ziehen. Das wäre sehr verletzend und uneinfühlsam. Das tat er dann auch nicht.
Ich hatte bemerkt, wie angespannt der junge Mann war, aber auch wie ich es genauso war und meine Gefühle kaum in diesem Chaos entwirren konnte. Mehr aus eigenen Vorzügen nutzte ich den rumstehenden Mann als Umarmungspuppe und legte mein Ohr an seine Brust. Ich konnte deutlich seinen Herzschlag hören. 'Badummmbumbum' Es schlug unnatürlich laut, genauso wie meines. Oder hörte ich da gerade nur meinen eigenen Herzschlag? Nein, ich konnte es sogar spüren.
Es erleichterte mich ersichtlich, als ich eine Hand an meinem Kopf spürte und einen sachten Druck bemerkte, der mich bei ihm hielt. So krallte ich mich mit meinen Fingern an seine Haori und schloss die mit Tränenflüssigkeit überfüllten Augen. Ich stieß erleichtert und leicht bebend die Luft zwischen meinen Lippen hervor und beruhigte mich zunehmend, da die eine Hand behutsam durch meine Haare fuhr. Das Zittern beruhigte sich, brauchte jedoch noch etwas mehr Zeit um gänzlich zu verebben. Ich atmete mittlerweile tief und mit geöffnetem Mund durch.
Arrow erwiderte meine Worte, meinte, dass es okay war und er es verstand. "Okay? Nichts ist okay!" Ich kam mir vor wie eine Närrin, die sich von einfachem Körperkontakt beruhigen ließ und in seine Worte und Gesten etwas herauslas, was schlichtweg unnatürlich für ihn war.
Ich spürte, wie sein Brustkorb sich hob und senkte, wenn auch besorgniserregend stockend. Und die Aussage im Anschluss ließ mich erschrocken nach oben blicken, sodass ich ihn etwas loslassen musste. Ich blinzelte mehrmals, sodass die Träne endlich rausgequetscht würde und zügig ihren Weg über meine Wange fiel. Dennoch hielt ich mich immer noch sehr nahe und behielt die Haori fest im Griff. "Weh? Oh, entschuldige! Ich... du... Bist du verletzt?" Aus dem Zusammenhang hatte ich es missinterpretiert.
Die Nähe zu diesen Mann fühlte sich gut und besänftigend an. Der Geruch in meiner Nase beruhigte mich. Dennoch hatte ich furchtbare Angst, er würde mich einfach wegstoßen. Denn dann war es vorbei mit beruhigen und ich musste selber schauen, wie ich mit mir selbst klar kam. Womöglich war es zu verstehen, warum sie stets Angst vor Ablehnung hatte.
Ich kam nicht auf den Gedanken, dass ihn mein Auftreten auf irgendeine Weise verletzt haben könnte, weswegen ich voller Sorge in sein Gesicht blickte. Obwohl er mir offenbart hatte, dass er mich schlichtweg nicht in die Sache reinziehen wollte und somit auf mich aufpassen und sich um mich kümmerte, konnte ich dieses ständige Gefühl der Ablehnung nicht loswerden. Es war durch zu viele Missinterpretationen und Geschehnisse in mir tief verankert.

22Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Mo Feb 13, 2023 8:11 am

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Nora hatte mit ihren leise geflüsterten Worten durchaus irgendwie ausgedrückt, dass es schwer oder nicht möglich für sie war, nur wegen dem Amulett hier aufgetaucht zu sein. Dass sie das zwar gewollt hatte, aber nicht vernünftig genug dafür war, das hatte sie gesagt. Was wiederum bedeutete, dass es nicht ganz stimmte. Trotzdem bedeutete das nicht, dass er diese beiden Sätze von ihr einfach so schon eine Sekunde später richtig interpretiert bekam. Oder sie überhaupt verstand. Was sie gerade machte, ging mit ihrem Verhalten von vorher überhaupt nicht überein, und es sorgte eigentlich für noch mehr Verwirrung als irgendetwas anderes.
Aber ihre Umarmung zu erwidern, wenn er sie von ihr bekam, war das einzige, was in diesem Fall eine sinnvolle Reaktion zu sein schien. Zumal er vor ein paar Wochen davon ausgegangen war, dass es die erste und letzte richtige Umarmung sein würde und er sie nie wiedersehen würde. Er hatte das gemocht, es hatte sich gut angefühlt, auch wenn es gleichzeitig eine herausfordernde und … ja, auch irgendwie traurige Erfahrung gewesen war. Sie hatte geweint – zumindest eine Träne -, er hatte gewusst, dass er sie anlog. Und die Zeit danach bis jetzt war … insgesamt einfach scheiße gewesen ohne sie. Er hatte oft an sie gedacht; an die Umarmung zu denken, hatte er hingegen meistens vermieden.
Obwohl die Anspannung fast sofort nachgelassen hatte, bedeutete es nicht, dass es ihm jetzt gleich besser ging. Einfach, weil er die Geste nicht verstand und weil sie den Konflikt zwischen ihnen, den er heraufbeschworen hatte, auch nicht wie durch ein Wunder auflösen konnte. Und natürlich auch deshalb nicht, weil es so furchtbar wehtat. Das alles war eine riesige Belastung für ihn, diese ganze Situation. Die auch nicht verschwinden würde, wenn Nora es jetzt täte. Das wäre vermutlich das Schlimmste, was passieren könnte.
Innerlich zuckte er leicht zusammen, da er nicht damit gerechnet hatte, dass Nora sofort zu ihm hinaufschauen und die Umarmung etwas lösen würde, nachdem er etwas gesagt hatte. Er wandte das Gesicht etwas ab, auch wenn das auf die geringe Distanz überhaupt nichts brachte. Das hatte sie fast genauso vor der Nase wie seine Brust und die Narbe am Hals. Dass sie seine Worte missinterpretierte, war nicht sehr hilfreich für ihn. Es hatte ihn große Überwindung gekostet, es zu sagen, auch wenn es gleichzeitig herausgewollt hatte. Er antwortete auch genau aus diesem Grund nicht. Erst nach einem Moment glitt sein Blick zurück zu ihr und in ihr Gesicht, über das … jetzt wieder eine Träne gelaufen war…
Ihre Augen hatten eben schon verdächtig geglänzt. Und wenn sie nur wegen dem Amulett hier war, dann mochte das stimmen, aber es war ganz offensichtlich, dass das andere sie noch beschäftigte und sie damit auch nicht glücklich war. Wenigstens das konnte er erkennen. Seine Mundwinkel zuckten leicht, als die Züge um seine Lippen herum sich anspannten. Er hatte ein großes Talent dafür, Nora unglücklich zu machen…
Er schüttelte ganz leicht den Kopf, statt etwas zu sagen oder sich zu erklären, was er gerade schlichtweg einfach nicht mehr konnte. Die eine Hand zog er von ihrem Haar zurück und strich mit den Fingerspitzen vorsichtig die Träne weg. Seine Atmung ging dabei etwas ruhiger. Noras Haut fühlte sich unter den Fingerkuppen und der Träne ziemlich warm an. Sie sah so von Nahem noch erschöpfter aus.
Einmal holte er tiefer durch den Mund Luft, um sich wenigstens ein kleines bisschen zu beruhigen. Auch danach kamen keine weiteren Worte. Stattdessen machte er das einzige, was er gerade tun konnte, damit Nora eine Chance hatte, ihn zu verstehen. Er schob die Hand zurück an ihren Kopf und drückte ihn zurück an seine Brust. Die andere Hand suchte sich etwas umständlich einen Weg zwischen ihren Rücken und ihr Gepäck, um die Umarmung zu vervollständigen. Er senkte sogar den Kopf, sodass er die Wange an ihr Haar schmiegen – und sie ihn nicht mehr ansehen konnte, wobei seine Hand Platz machte und auf ihre Schulter hinunterrutschte. Er schloss die Augen und drückte sie an sich.
Wenn sie immer noch nicht verstanden hatte, wie ungewöhnlich diese Art von Körperkontakt für ihn war… Würde sie das wahrscheinlich nie tun. Für ihn war das eine größere Sache.



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23Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Mo Feb 13, 2023 8:54 am

Nora

Nora

Als ich zu ihm hochblickte, sah er gekonnt von mir weg. Ich war besorgt und überrascht gleichzeitig und gab ihm den Moment, den er brauchte um auf meine Frage zu antworten. Umso froher war ich, als er mir wieder in die Augen blickte und meine Sorge ernst nahm. Mit einem Kopfschütteln erklärte er mir wohl, dass er keine weitere Verletzung hatte oder ihm irgendetwas physisch schmerzte. "Oh.", entkam es mir wortlos in Gedanken. Meine Augenlider blinzelten mehrmals, als er mit seinen Fingern über meine Wange strich, während ich immer noch in seine braunen Augen blickte. Es fühlte sich trotz der kühlen Berührung überraschend angenehm an. Mein Herz pochte bei diesem Hautkontakt, als wolle es herausspringen und davonlaufen. Doch ich hielt inne, genoss den Moment und beobachtete seine Gesichtszüge, die langsam aber doch weicher wurden als in dem Moment, in der er die Haustür geöffnet hatte.
Seine Hand legte sich erneut zurück zu meinem Kopf, mit der er leichten Druck ausübte. Ich übergab ihm die Kontrolle über mich und lehnte mich erneut an seinen Körper, als er mich fest an sich drückte und wir innig ineinander verschmolzen. Im nächsten Moment legte auch ich meine Handflächen zwischen seine Schulterblätter und übte den selben Druck aus, den der Schwarzhaarige bei mir machte. Sogar seinen Atem konnte ich an meinem Ohr verspüren, was keineswegs unangenehm war, sondern mir mitteilte, dass er die Umarmung wirklich wollte. Damit hatte ich nicht gerechnet, da ich mir bei der Verabschiedung unsicher war, ob er einfach nur mir zu Liebe die Umarmung vervollständigt hatte. Nun aber war er derjenige, der die Initiative ergriff und erneut den Druck ausübte um enger miteinander verschlungen zu sein. Das irritierte mich. Es verunsicherte mich. Und es machte beinahe alles Sinn. Ich schloss die Augen um den Moment aufzusaugen. Es gab mir das Gefühl, als wäre er tatsächlich froh darum, dass es mir gut ging und dass ich hier war. Dennoch verspürte ich einen innerlichen Kampf - genauso wie bei mir. Wir waren uns wohl ähnlicher, als wir zugeben würden.
Langsam, aber wirklich nur langsam konnte ich das Puzzle fertigstellen. "Ich hab dich vermisst", gab ich schlussendlich leise flüsternd zu und musste diesen Schritt wagen um herauszufinden, wie ehrlich Arrow mit mir war. Die Augen hatte ich immer noch geschlossen, das Atmen fiel mir aber nicht nur aufgrund der Umarmung schwerer, sondern vielmehr aufgrund des Wagnisses, so offen mit ihm über meine Gefühle zu reden. Ich war im Clinch mit mir selber, denn ich verbot es mir, ihn so sehr zu mögen. Er wollte mich auf Abstand halten, hat mich verletzt und war schrecklich, was sein Sozialverhalten anging. So war ich hin und hergerissen und wusste nicht, was ich eindeutig empfand.
"Ich hatte auch Angst, dass dir was passiert...", gab ich leise zu und drückte mich ein wenig fester an ihn. Ich hörte genau, wie sein Herzrhythmus einen Ticken zu schnell und zu heftig schlug. Genauso war es mit meinem. Ich verstummte und nach diesen verbalen Explosionen kehrte Ruhe ein. Nur mehr das Knistern des Ofens und der leichte Windzug der um das Gebäude sauste waren noch zu hören, während alles was ich jedoch hörte dieses 'Badumm' in seiner Brust war.

24Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Mo Feb 13, 2023 9:50 am

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Noras Haare fühlten sich weich an seiner Gesichtshaut an, während ein paar der losen Strähnen ihn auch am Hals berührten und dort eher kitzelten. Nicht so, dass es unangenehm war. Er war es nur nicht gewöhnt, dass ihn irgendetwas anderes dort berührte als nur Wasser, Luft oder seine eigenen Finger, weil normalerweise immer eine Schicht Stoff die Haut schützte. Außer wenn er schlief. Ehrlicherweise war das aber nicht das Ungewöhnlichste an dieser Situation, wer hätte das gedacht.
Als Nora die Hände an seinem Rücken bewegte und sie zwischen seine Schulterblätter schob, löste die Bewegung über dem Stoff ein Kribbeln und einen leichten Schauer aus. Glücklicherweise hielt das Chaos in seinem Inneren die Aufregung ein wenig zurück, sodass sein Körper nun nicht gleich meinte, er könnte neben den ganzen Stresshormonen auch noch Glücksgefühle gebrauchen. Wobei die Umarmung sicher auch die größte Schuld daran trug, dass der Stresslevel etwas abfiel.
Das Ziehen in der Brust blieb. Es wurde zwar schwächer, aber es verschwand nicht. Das Atmen fiel ihm langsam wieder leichter und er konnte tiefer atmen. Aber seine Atemzüge gingen immer noch wie auch schon vor Noras Auftauchen nur bis zur Magengrube hinunter, als hätte er vor einer ganzen Weile schon vergessen, wie normales tiefes Ein- und Ausatmen überhaupt funktionierte. Deshalb hob seine Brust sich auch jedes Mal deutlicher gegen Noras Wange, als sie das eigentlich sollte.
Da sein Herzschlag sich mehr oder weniger genau an ihrem Ohr befand, könnte sie sicher wahrnehmen, wie er noch einmal etwas stärker wurde, als sie schließlich wieder etwas sagte. Wenn sie darauf achtete und nicht genauso mit ihren Worten beschäftigt war wie er. Zumindest aber das Stocken seiner Atmung musste auffallen, denn diese setzte erneut kurz aus und ging danach für zwei Atemzüge bebend weiter, nachdem er eigentlich gerade soweit gewesen war, sie wieder im Griff zu haben. Was sie sagte, verstärkte das Ziehen in der Brust auch wieder, nur auf andere Weise als zuvor, da diesmal ein Gefühl von Wärme und eine Art Flirren sich damit vermischten und es deshalb nicht nur auf negative Art wehtat. Wahrscheinlich … war das so etwas wie Erleichterung?
Er schluckte gegen die Enge und das leichte Brennen im Hals an und umarmte sie noch etwas enger, was genauso gut eine Reaktion wie eine Erwiderung war. Ich dich auch. Seine Finger griffen an ihrem Rücken in ihren Umhang und drückten fester gegen ihre Schulter. Aber wieder blieb er zuerst still, weil er Zeit brauchte, um mit ihren Worten umgehen zu können. Dahingehend könnte man vielleicht auch sagen, dass er sie nicht nur fester und enger an sich drückte, damit sie eine Rückmeldung für das Gesagte bekam, sondern auch, weil er sich unbewusst mehr an ihr festhielt, um sich zu sammeln.
Daher konnte man wieder für einige Sekunden nur die leisen Geräusche der Umgebung vernehmen. Und in Noras Fall natürlich seinen Herzschlag. Wie lange das andauerte, ließ sich schlecht sagen, bis schließlich leichte Regung in ihn kam, weil sein Klammergriff an ihrer Schulter nachließ und er stattdessen langsam über diese strich. Fast so, als wäre sie diejenige, die gerade beruhigt werden musste. Und nicht er.
"Es tut mir leid…", flüsterte er in die Stille zwischen ihnen. Das ganze sich Sammeln hielt allerdings leider auch nur genau bis hierhin, als wäre das Sprechen gleichzeitig ein Ventil dafür, dass die Gefühle abermals hochschwappten. Seine Atmung zitterte wieder leicht. Er schluckte gegen das Drücken im Hals, und seine Finger schlossen sich erneut um Noras Schulter. "Ich hab … das nicht gemacht, um dir wehzutun… Ich wollte das nicht… Ich…" Er drückte die Lider fester zusammen, um zu verhindern, dass sich mehr Tränenflüssigkeit darunter sammelte. "Du hast mir gefehlt… Ich dachte, dass… - Es…tut … mir leid."



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25Arrows Wohnung* Empty Re: Arrows Wohnung* Mo Feb 13, 2023 1:32 pm

Nora

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Wir verharrten in dieser innigen Position und ich konnte spüren, dass nicht nur ich diese Berührungen positiv aufnahm. Auch Arrow schmiegte sich ganz freiwillig an mich heran, hielt mich fest und konnte sich dadurch beruhigen. Auch wenn das Atmen ihm noch schwer zu fallen fiel, das war bei mir genauso. Ich konnte spüren, wie er auf meine Worte hin stockte und im Anschluss das Atmen nur schwer wieder aufnahm. Seine Reaktion mich noch festern in den Arm zu nehmen, ließ mich erleichtert mit Tränen in den Augen die Lider schließen und keuchend aufatmend. Nun war er derjenige, der sogar mehr Druck ausübte als ich. Die Tränen kamen womöglich vor Erschöpfung und Erleichterung zugleich. Es fühlte sich an, als ob eine große Last von mir fiel. Das Zittern ebbte nun gänzlich ab und verging, als ich mich durch die Masse, die mich drückte, beruhigte. "Eines nachdem andern...", war die Überlegung. Und jetzt gab es nur Arrow und mich. Alles andere verschwand aus meinen Gedanken. Just die Wärme, die mich umgab, konnte ich wahrnehmen und seine Handflächen, die sich auf meinem Rücken gelegt hatten. Die Augen hielt ich geschlossen.
Ich fühlte, wie der Druck langsam nachließ, wenn auch nur ein kleines bisschen. Auf den Schultern konnte ich seine Fingerkuppen spüren, die behutsam darüber strichen. Anschließend wurde mir klar, warum er mich ein wenig freigab - er sprach zu mir. Er entschuldigte sich leise bei mir für den Fehler, den er begangen hatte. Anfühlen tat es sich, als würde jemand mein Herz auf Eis legen. Doch ich konnte genau spüren, wie er bebend atmete und es ihm nicht leicht fiel, zu reden. Meine Hände fuhren ihm über den Rücken um ihn mit sanften Berührungen zu beruhigen. Ich hatte ihn noch nie so erlebt, dass ihm die Worte fehlten. Er war selbstbewusst und stark, so hatte ich ihn in Erinnerung. Stets wusste er, wie er kontern konnte oder wann er es lieber bleiben lassen sollte. Er wusste stets, was er wollte undwas nicht. So verletzlich hätte ich ihn niemals eingeschätzt. Seine wirren Worte ließen mein Herz erneut schneller schlagen, was mich überforderte. Ich schlang meine Arme um seine Hüfte und hielt mich daran fest. Mir wurde schwindelig.
"Jetzt bin ich da", wiederholte ich flüsternd seine Worte von zuvor. Meine Lippen zuckten, doch die Tränen konnte ich damit nicht wegdrücken, die einfach von den geschlossenen Lidern hervorquollen und über die Wangen liefen, beziehungsweise von Arrow's Haori gestoppt wurde. Es war falsch zu sagen, dass ich den Moment der Entschuldigung genoss. Dennoch freute es mich sehr, dass er sich in meine Lage versetzen konnte und mich verstand. Er selbst hatte gesagt, ich sollte es nicht zulassen, dass man mich bevormundet. Das hatte er nun davon!
Es verging noch einen Moment, ehe ich kurz räusperte um meine Stimme nicht zu verlieren. Langsam löste ich mich von ihm und hielt ihn nur mehr seitlich an der Hüfte. "Ich bin nicht aus Porzellan, ich verkrafte das", meinte ich mit sicherer Stimme als zuvor, obwohl mir meine Knie weicher wurden. Ich war wirklich erschöpft und war kurz davor in seinen Armen einzuschlafen. Vorallem jetzt, da meine Gefühle sich ein wenig beruhigt hatten und der tosende Sturm nur mehr ein starker Wind war. Dennoch sah ich ihn mit nassen Wangen und einem äußerst zarten Lächeln an. Meine Hände fuhren über seinen Oberkörper nach oben und wanderten beim Unterkiefer zu den Ohren an seinen Hinterkopf, wobei ich ihm nur ein wenig durch die feuchten Haare glitt. "Ich bin gespannt, wie du das bei mir wieder gut machen wirst", meinte ich schief schmunzelnd und blickte ihm siegessicher in die Augen. Zu einem Dreigängemenü würde ich bestimmt nicht 'Nein' sagen. Denn Hunger hatte ich allemal, besonders nachdem ich das heutige Essen auf dem Schiff nicht bei mir halten konnte. Vielleicht hatte ich dann auch etwas mehr Energie, als ich jetzt hatte. Denn meine Knie wurden immer weicher, weswegen ich überlegte, ob ich nicht irgendwo hinsitzen sollte um meinen Kreislauf etwas zu beruhigen.

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