Die Gärten von Lasaliel

Mit Interesse lauschte sie seinen Worten während sie beide sich ihren Weg durch die Gärten bahnten. Sie wie eine laufende Kerze in der Dunkelheit und er der Schatten der ihr auf Schritt und Tritt durch die langsam verblassende Dunkelheit folgte. Es würde noch ein paar Stunden dauern bis die Sonne ihr Licht über die Landschaft ergoss. So würde sie meinen war es auf Kjubika, mit schwebenden Inseln konnte es vielleicht sogar noch länger dauern. 
Sie schloss die Augen und machte ein paar Schritte in völliger Dunkelheit, hörte nur die Stimme hinter sich wispern. „Ein Windgeist...Dämon“ wiederholte sie. „Gar nicht so weit weg“ sie verschränkte ihre Arme hinter ihrem Rücken, ein feines Grinsen auf ihren Lippen. Wirklich, soweit weg voneinander standen sich die beiden nicht. Ihr Grinsen wurde ein wenig breiter, als er sich nach ihrer Rasse erkundigte. War da mehr Neugier in seine Worte geschlichen oder bildete sie sich das nur ein. „Tieflinge...“ sie öffnete ihre blauen Augen wieder und drehte ihren Kopf in seine Richtung. „Nah, ich würde sagen wir haben die selbe Abstammung nur anders weiter entwickelt.“ sie erklärte ihm grob das Tieflinge Abkömmlinge der Geisterwelt oder Dämonen sein. Ihr Aussehen nicht so Vielfältig war wie das der Geister aber sie zumeist gerne mit ihnen verglichen wurden. „Ach und dieses Ding mit Verträgen schließen...davon konnten wir uns zum Glück losreißen, wir sind nicht auf andere angewiesen und können das zu uns nehmen was Menschen auch Speisen können“ sie warf ihm einen weiteren Seitenblick zu. „Man sagt ein Tiefling sei die bessere Version eines Geisterdämons, vielleicht auch gefährlicher weil wir frei handeln können ohne an jemanden gebunden zu sein..." sie biss sich mürrisch auf die Unterlippe. "Von dem Gerücht halte ich nichts, ich finde es Schwachsinn" hörbar war es, dass sie damit schon Erfahrung gemacht hatte und nicht gerade im positivem Sinne

Geduldig wartete ich ab, bis ich meine Antwort bekam, und betrachtete dabei meine Gesprächspartnerin aufmerksam von der Seite her. Jetzt verstand ich auch, was sie eben gemeint hatte, aber ich kommentierte es noch nicht. Stattdessen wanderte eine meiner Augenbrauen nach oben, als sie behauptete, Tieflinge seien 'die bessere Version eines Geisterdämons', doch ich ließ sie ausreden und bedachte sie nur sehr aufmerksam. Denn mir entging ihr Gehabe bei diesen Worten keineswegs, und auch die leichte Veränderung ihres Herzschlags. Das alles zusammengenommen erweckte in mir durchaus den Eindruck, dass sie ihre letzten Worte ernst meinte und den Vorurteilen nicht zustimmte.
Ich antwortete nicht sofort, während ich sie musterte. Erst nach ein paar weiteren Augenblicken.
"Natürlich ist es Schwachsinn. Allein schon aus dem Grund, dass es so viele verschiedene Arten von Dämonen gibt, wie bei den Menschen Haarfarben", sagte ich und grinste verschmitzt. "Und bei weitem nicht alle, wahrscheinlich gerade mal ein Bruchteil, treffen auf deine Beschreibung zu. Dämonen, die einen festen Körper haben, essen und schlafen meistens sehr wohl. Verträge und Gebundenheit ist eher was für Dschinns." Die teilweise natürlich auch irgendwie zu den Dämonen gezählt werden konnten, oder mit ihnen verwandt waren. Aber ja, wie ich schon sagte, es gab da ziemlich große Unterschiede. Und die Wahrscheinlichkeit, einen anderen Dämon zu treffen, der in allem genau gleich war wie man selbst, war vermutlich eher gering.
Aber tja, Vorurteile gab's eben überall. Vor allem gegen solche wie mich. Das war ich gewohnt.
Für mich klang das eher nach einer stolzen Art, die einfach nicht zugeben wollte, dass sie eigentlich schon irgendwie eine Art Dämon waren, und sie daher schlecht machten. Aber das sagte ich natürlich nicht.
"Aber was bringt dich dazu, zu sagen, dass das Schwachsinn ist?", fragte ich nach ein paar Augenblicken und sah Tiffany interessiert an. Dass ich das wusste, war ja klar, doch für jemanden, der unter solchen Vorurteilen aufgewachsen war, war es nicht so selbstverständlich, davon wegzukommen. Sofern sie überhaupt damit aufgewachsen war.

„Das kommt auf die Umstände drauf an. Ich hatte vielleicht noch das Glück, nicht mit solch einem Schwachsinn aufgewaschen zu sein“ sie zupfte eine lange blonde Strähne aus ihrem Haar und strich dieser entlang bis zu den Spitzen hinab. „Braucht es wirklich jemanden der sagt ein Tiefling sei genau so gefährlich oder gar gefährlicher als Dämonen?“ sie neigte den Kopf etwas zur Seite und warf sich die Strähne wieder zurück wo sie sich in ihren Hörnern verfing. „Mal davon abgesehen, dass wir uns ziemlich ähnlich sehen“ jetzt zeigte sie ein leichtes Grinsen. Das mürrische war wie von ihren Zügen gewaschen. Nicht auf ihrer Heimatinsel, nein! Dort hatte sie nie solch eine Erfahrung gemacht. Da handelte es sich doch eher um die Welt hier draußen. Die Menschen begegneten einem gleich mit Misstrauen oder wollten schon gar nicht erst einen Handel eingehen. „Es sind einfach Menschen die Angst haben vor dem was sie nicht kennen und das was ihnen Angst macht...nun das zerstören sie gerne“ sie stieß die Luft aus. „Natürlich weiß ich das es überall solche Meinungen gibt aber es hält mich trotzdem nicht davon ab die anderen Länder zu besuchen“ sie hob die Schultern. Ja, sie nahm die Risiken auf sich. Sie war niemand der sich auf ihrer eigenen Insel versteckte. Schon lange hatte sie gelernt damit umzugehen und ihre kalte abweisende Art erwies sich dabei meist auch sehr vorteilhaft. „Im Allgemeinen ist jedes Lebewesen doch auf die ein oder andere Art gefährlicher als das andere“ sie sah ihn an. „Was ist mit den Drachen oder Greifen, Seeungeheuer...andere Dämonen oder Geister“ sie winkte ab und blieb stehen als sich die ersten strahlen der Sonne am Horizont zeigten. Ein warmer Sonnenaufgang von den Farben her. „Gibt es hier einen guten Platz den Sonnenaufgang zu beobachten?“ wechselte sie im nächsten Moment schon das Thema. Wenigsten das konnte sie sich doch als erstes ansehen. Müde war sie noch immer nicht.

Es war also tatsächlich einfach nur ihre Art, aufzuwachsen. Hätten ihre Eltern ihr anderes beigebracht, hätte sie wahrscheinlich das gleiche geglaubt wie alle anderen. So war das eben mit Wesen, die in eine Gesellschaft hineingeboren wurden und daher auch lernten, dass das was sie kannten eben richtig so war, was auch immer es war. Jeder lebte eben nur in seinem eigenen Trott.
Ich nicht. Ich kam von woanders und sah die Dinge wohl etwas neutraler als viele Lebewesen hier.
So richtig antworten tat Tiffany auf meine Frage trotzdem nicht, fand ich, aber das war schon in Ordnung. Sie schien gerade eher einfach irgendwelche Dinge vor sich hin zu labern, die nicht wirklich etwas miteinander zu tun hatten. Vor sich hin philosophieren nannte man das wohl, oder vielleicht wich sie auch einfach der Frage aus. Und es schien nicht so, als erwartete sie darauf eine Antwort. Ich grinste nur leicht, als sie meinte, wir würden uns sogar recht ähnlich sehen. Das zumindest stimmte wohl.
Da der Himmel in der letzten Zeit deutlich heller geworden war und es immer noch nicht so schien, als wollte Tiffany sich irgendwann schlafen legen, hieß das wohl, sie würde es heute Nacht gar nicht mehr tun. Im Gegenteil, sie fragte nach einem Sonnenaufgangs-Aussichtspunkt. Nicht gerade etwas, womit ich mir normalerweise die Zeit vertrieb oder um das ich mir überhaupt Gedanken machte. Aber natürlich kannte ich mich auf der Insel gut genug aus.
"Sonnenaufgänge gibt es überall. Aber hier auf Lasaliel ist nunmal die Besonderheit, dass es eine schwebende Insel ist", begann ich und grinste. "Am Rand der Insel hast du Aussichten wie sonst nirgendwo auf der Welt. Aber es ist auch gefährlich, denn die Winde dort sind ziemlich heftig und blasen einen leicht über den Abhang. Komm."
Da wir uns bereits östlich von Anan befanden und der Luftschiffhafen ja auch nicht sehr weit weg war, fehlte tatsächlich nicht mehr allzu viel bis zum Rand der Insel. Trotzdem wäre der Weg zu Fuß bestimmt zu weit, um den Sonnenaufgang noch zu erwischen, schließlich ging die Sonne unten auf Höhe des Meeres früher auf als hier oben. Aber ganz an den Rand zu gehen war für Tiffany sowieso zu gefährlich, denn ich glaubte nicht, dass sie fliegen konnte. Also führte ich sie nur in die grobe Richtung, nach Südosten, wo bald die Gärten Lasaliels ihr Ende finden würden und wir über die Hügel blicken konnten. Auf einem davon würde es bestimmt eine ordentliche Aussicht geben. Und der Wind würde dort auch so schon heftig genug sein.

Das Thema legte sich und Tiffany gab dazu auch kein weiteres Kommentar mehr ab. Nicht das sie keine Lust hatte, es gab einfach nichts mehr darüber zu sagen. Der Wechsel was den Sonnenaufgang hier auf Lasaliel anging interessierte sie nun doch schon mehr als zu besprechen wie man ihre Rasse behandelte. Sie hatte sich aufgesetzt und dem Winddämon zu genickt. „Natürlich gibt es sie überall“ stimmte sie ihm zu und legte den Kopf etwas zur Seite. Wie er schon sagte war es hier eben anders. Genau deswegen wollte sie es ja nicht verpassen. Soweit oben musste es doch einen eigenen Kick haben, wie die Sonne das ganze Land ringsum erhellte.
Sie spürte ein leichtes kribbeln zwischen ihren Schulterblättern als Hinue den Wind erwähnte. Sie konnte Fliegen, daran lag es nicht aber ob sie auch mit dem heftigen Wind fertig wurde? Ihre Lippen pressten sich zu einer dünnen Linie zusammen. Sie wollte es nicht unbedingt testen. Die Insel hatte mehrere schwebende Felsen und durch ein blödes Flugmanöver dagegen geschlagen zu werden...darauf hatte sie keine Lust. „Nun...hoffen wir einfach, dass es für den kurzen Ausblick reichen wird und mich nicht direkt der nächste Wind vom Hang bläst“ sie schob sich ihr Haar zurück und würde dem Winddämon folgen. An seinen Worten war zu erkennen das er für das Windproblem vielleicht sogar eine andere Idee hatte.

Ich grinste Tiffany von der Seite her an bei ihrem Kommentar. Ja, das hatte ich mir auch schon ausgemalt, und so wenig es mich auch grundsätzlich gekümmert hätte, sie in die Tiefe stürzen zu sehen, so war unser Gespräch doch ganz unterhaltsam gewesen und ich wollte sie nicht absichtlich umbringen.
"Zu nahe an den Rand der Insel zu gehen ist für jemanden, der nicht die Winde kontrollieren kann, zu gefährlich", erklärte ich ihr. "Selbst fliegen zu können reicht alleine nicht unbedingt aus, weil die Winde oft herumwirbeln und man am Rand der Insel sehr leicht gegen die Felsen geschmettert werden kann. Gerade am Rand der Insel gibt es viele Luftströmungen, mit denen nicht zu spaßen ist." Klar, es kam Luft von unten und von oben, und dann auch noch mit verschiedenen Temperaturen... Es war ein windiges Chaos. Eins das ich natürlich mochte, aber der Wind war ja auch mein Element. Das war bei Tiffany schonmal nicht so.
Ich führte sie an den Rand der Gärten, wo wir fast schon an deren Grenze waren, aber die Irada hatten hier einen Aussichtsturm gebaut, der ziemlich hoch war, aber stabil und sicher. Er war zwar offen, sodass der Wind da oben ziemlich kalt und heftig war, aber durch das Dach und das stabile Geländer war der Turm sicher. Da hatte Tiffany noch gleich eine weitere Touristen-Attraktion abgeklappert.
Da machte ich mich ja doch noch als guter Fremdenführer, nicht wahr?
Wir waren bald bei dem Turm angekommen, auf dessen Eingang ich mit einer präsentierenden Geste deutete. Es gab keine Tür, er war für jeden zugänglich. Aber eine sehr lange Treppe erwartete einen im Inneren.
"Bitte sehr! Die schönste ungefährliche Aussicht, die man hier in der Gegend bekommen kann. Man kann sogar ein wenig das Meer sehen. Da dürfte die Sonne schon fast oder drüber vom Horizont sein, aber ist sicher immer noch ein netter Anblick. Und deutlich sicherer als die Hügel am Rand der Insel."

„Das wirst du mir nicht zweimal sagen müssen“ mit Winden war nicht zu Spaßen. Sie wusstet das, sie hätte es auch nicht gewagt. Lebensmüde war die junge Frau auch wieder nicht. Den Rest des Weges folgte Tiffany dem kleinen Winddämon ohne viel zu sagen. Sie sah sich die Umgebung an. Jetzt mit Aufgang der Sonne wurde auch ihre Sicht besser. Sie konnte daher auch in der Ferne eine Art Turm ausmachen. Bestimmt der Zielort des Winddämons. Es war hoch gebaut und schien den Winden standzuhalten. Sie zumindest nicht von dort herunter wehen zu können würde auch schon reichen.
Ohne große Umwege ging es direkt dort hin und als er ihr anwies den Turm zu betreten, nickte sie ihm kurz zu. Die Treppen die darauf folgten waren kein großes Problem. Vielleicht ein wenig anstrengend nachdem man in letzter Zeit nur auf einem Schiff gefahren war und nicht viel Aktivitäten vollbracht hat. Nur ein wenig außer Atem erreichte sie dann bald den Aussichtspunkt und setzte sich an einer gelegenen Stelle nieder. Dort wo sie noch einen guten Ausblick hatte. „Ich danke dir“ stieß sie in einem Atemzug aus. Ihr Blick schweifte bereits über das was sich vor ihr auftat. Die Farben wurden mit der Sonne kräftiger und deutlicher. Es war wirklich ein schöner Ausblick und soviel anders als auf der Insel von der sie kam. Natürlich lag das einfach nur ein dem anders gelegenem Aussichtspunkt, weiter nichts aber es war es wert gewesen hier her zu kommen und die vielen Stufen herauf zu klettern. „Was wirst du nun tun?“ sie wandte den Blick nicht von ihrer Aussicht ab, als könnte sie etwas verpassen wenn sie einmal nicht hinsah. Ob der kleine Dämon noch hier war oder bereits seinen eigenen Weg erneut ging konnte sie daher auch nicht sagen. Sie wusste ja anhand seiner Reaktion das er nicht begeistert von der hellen Kraft des Feuers gewesen war.

Tiffany machte sich gleich ans Treppensteigen, und weil sie sich nicht verabschiedet hatte und daher scheinbar annahm, dass ich sie noch begleitete, tat ich ihr den Gefallen. Allerdings benutzte ich natürlich nicht die mühevolle Treppe, sondern schwebte einfach an der Außenseite des Turms entlang nach oben bis hinauf auf die Plattform. Natürlich war ich zuerst oben. Auf der westlichen Seite außerhalb des Geländers, über dem hohen Nichts an der Seite des Turms, war ich auch der Sonne noch nicht so ausgesetzt. Sie war auch noch nicht hoch genug, um überhaupt jemanden anzuscheinen.
Irgendwann trudelte Tiffany schließlich auch ein und setzte sich auf eine der Bänke, die hier standen. Aufgrund der frühen Stunde waren wir natürlich die einzigen hier. Auf ihren Dank hin erwiderte ich nichts, es war ja keine große Sache.
Kurz schwieg ich, aber dann sprach Tiffany die Frage aus, über die ich auch gerade mehr oder weniger nachgedacht hatte. Ich lächelte.
"Nun, ich hab noch was zu erledigen", antwortete ich mit Blick auf den Hinterkopf der Frau, die ihrerseits die Aussicht der Sonne zu genießen schien. Na, da wollte ich sie auch mal nicht weiter dabei stören.
"Ich sollte also mal langsam los. Viel Spaß und eine gute Erholung in deinem Urlaub", wünschte ich ihr mit einem Grinsen. Eine Antwort würde ich noch abwarten, aber dann würde ich mich ziemlich bald aus dem Staub machen. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes in Luft auflösen.

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